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Podiumsdiskussion beim Event TÜV AUSTRIA GameCHANGE © RNF

Spannende Podiumsdiskussion beim Event TÜV AUSTRIA GameCHANGE

Am 3. April diskutierte TÜV-AUSTRIA-CEO Stefan Haas mit den Game-Changern Gregor Demblin, Johannes Gutmann und Andreas Kern am TÜV AUSTRIA Campus in Brunn am Gebirge über Forschung und technologischen Fortschritt vor dem Hintergrund unserer gesellschaftlichen Verantwortung.

Johannes Gutmann, Geschäftsführer der SONNENTOR Kräuterhandelsgesellschaft, gab einen Einblick in die Anfangstage des Unternehmens vor rund 30 Jahren, als noch nicht feststand, dass dieses für damalige Zeiten neuartige Konzept – nachhaltige, regionale Bio-Produkte zu produzieren und zu verkaufen – Früchte tragen würde. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte mit drei Bauern, die Kräuter angebaut haben, aber keinen Absatz hatten, erzählte er. Gutmann selbst wusste vor allem eines: Er wollte nicht die Stadt, sondern im Waldviertel arbeiten und leben. Der damalige Ein-Mann-Unternehmer war schon Verfechter des Bio-Gedankens, als der Begriff noch nicht existierte. Gemeinsam haben sie daran mitgearbeitet, „das Spiel“ zu verändern und Bio-Produkte in die Regale zu bringen. Heute gehören rund 300 Bauern zur Sonnentor-Familie. Das ist viel harter Arbeit zu verdanken. Poetisch und mit viel Spielraum für eigene Interpretationen fügte Gutmann hinzu: „Krise mit Krise zu verbinden kann zu einer Chance werden, wenn man Stärken stärkt.“

Spielregeln statt Spielverbot
Von einem anderen Begriff, den Stefan Haas, seit 2013 CEO der TÜV AUSTRIA Holding AG, ins Gespräch brachte, hielt Gutmann nicht besonders viel: dem Shareholder Value. Doch Haas vertrat einen nicht zu verleugnenden Standpunkt: „Wir sollten nicht naiv sein. Ein Wirtschaftssystem wird sich immer nach einem intrinsischen Wert ausrichten. Heute ist das der Shareholder Value.“ Deswegen seien die Spielregeln, nach denen die Unternehmen und der Markt zu agieren haben, so wichtig, denn: „Ohne Spielregeln würden wir das alle nicht wollen.“ Haas ist dennoch ein erklärter Gegner von Überreglementierung, doch die Dinge müssen „in einem reglementierten Rahmen“ funktionieren. Im Zusammenhang mit dem Thema künstliche Intelligenz hielt er bei der gut besuchten Podiumsdiskussion fest: „Es ist besser Spielregeln festzulegen, als etwas zu verbieten.“

Die Spielregeln wurden in der Geschichte schon oft geändert, nicht selten durch neue Technologien. Gregor Demblin zum Beispiel hatte mit 18 Jahren einen Unfall und zog sich eine Querschnittlähmung zu. Der Mitgründer der inklusiven Jobplattform Career Moves für Menschen mit Behinderung und Gründer der Unternehmensberatung "myAbility“ war davon überzeugt, eines Tages wieder gehen zu können. Doch trotz großer Anstrengungen sollte es bis 2018 dauern, seinen Traum zu erfüllen. Der Game-Changer in diesem Fall war, wie bereits angedeutet, Technologie – ein Exoskelett. „Nach 23 Jahren wieder zu stehen, zu gehen war ein unbeschreibliches Ereignis“, so Demblin. Dieses Erlebnis will er mit anderen teilen, um auch ihr „Spiel“ ein bisschen zum Besseren zu wenden: Er gründete tech2people und startete das erste österreichische Therapieprogramm mit Exoskelett.

Revolution der Finanzwelt
Der vierte im Bunde war an diesem Abend der Gründer und CEO von wikifolio.com, Andreas Kern. Der studierter Mathematiker und Computerwissenschafter sowie ausgebildeter Börsenhändler für Termin- und Kassamarkt war erfolgreich in der Finanz- und Payment-Branche tätig, bevor er sich zum Ziel gesetzt hat, mit Finanzprodukten von Anlegern für Anleger die Finanzwelt zu revolutionieren. „Meine Vision ist die Demokratisierung des Anlagemarkts und der Geldanlage.“ Er brach eine Lanze für Europa, das sich eingekeilt zwischen Großmächten wie USA und China manchmal etwas klein vorkommt: „Europa ist der weltgrößte Wirtschaftsraum.“ Man müsse auch in Sachen Hightech nicht neidisch nach Westen schauen, denn „das Silicon Valley hat seinen Zenit überschritten“. Außerdem stellte er sich der heutzutage häufigen – aber dennoch undankbaren – Herausforderung des Moderators Martin Hofstädtner, die Begriffe Blockchain und Kryptowährung zum Abschluss der Diskussionsrunde kurz und einfach zu erklären – und schlug sich dabei wacker.

Alles in allem eine interessante Veranstaltung, in deren Verlauf viele spannende Themen angeschnitten wurden, die wohl auch für sich alleine genommen abendfüllend gewesen wären. Abgerundet wurde der Event mit der Möglichkeit für lockere Gespräche mit Podiumsdiskutanten und Gästen beim anschließenden Networking. Allerdings ganz ohne „Gamechanging“ und neue Spielregeln, sondern ausgesprochen klassisch mit Fingerfood und einem Gläschen Wein. Manche Dinge sind eben einfach gut so, wie sie sind. (rnf)