Sie befinden sich hier:  Home  |  Aktuelle Artikel  |  Strabag legte 2023 Gewinnsprung hin
Ergebnis ging stark nach oben © APA - Austria Presse Agentur

Österreichs größter Baukonzern Strabag hat 2023 "auf größtenteils rückläufigen Märkten" eine massive Gewinnsteigerung hingelegt. Das Konzernergebnis erhöhte sich gegenüber dem Jahr davor um ein Drittel auf 630,5 Mio. Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag bekanntgab. Geholfen haben die breite geografische Streuung der Konzernaktivitäten und öffentliche Aufträge. Die Probleme mit dem russischen Großaktionär sind noch nicht vom Tisch.

Die Aktionärsstruktur des Bauriesen ist problematisch: Mit Hilfe einer Kapitalerhöhung wurde der Anteil der MKAO "Rasperia Trading Limited", die dem von der EU sanktionierten russischen Oligarchen Deripaska zuzurechnen war, mittlerweile immerhin von 27,8 auf 24,1 Prozent verwässert. "Deripaska gilt nicht mehr als wirtschaftlicher Eigentümer", betonte Konzernchef Klemens Haselsteiner.

"Die Kapitalmaßnahmen waren zur Reduktion des Rasperia-Anteils gedacht", erklärte der CEO. Ziel sei es gewesen, den Anteil unter 25 Prozent zu drücken. "Die Tatsache, dass wir einen sanktionierten russischen Aktionär haben, hat sehr viele Probleme gebracht, sehr viele Fragen." Die gegenüber 2022 entfallende Tilgung einer Anleihe in Höhe von 200 Mio. Euro habe den Erwerb eigener Aktien überkompensiert, die im Rahmen eines antizipatorischen Pflichtangebots der österreichischen Kernaktionäre angedient worden seien.

Die Sorgen mit dem von der EU sanktionierten Oligarchen sind vorerst noch nicht ausgestanden. Weitere Gerichtsprozesse drohen. "Die Anfechtungsklage war in erster Instanz vom Landesgericht Klagenfurt abgewiesen worden - wir gehen davon aus, dass Rasperia alle Schritte setzten wird, um das Urteil zu bekämpfen", so der CEO. Um aus ihrer verzwickten Russland-Verbindung rauszukommen, ist derweil ein Deal der Strabag und des weiteren Anteilseigners Raiffeisen im Gange. Gemeinsam mit dem Versicherer UNIQA hält Raiffeisen derzeit 31,9 Prozent an der Strabag.

Die RBI hatte im Dezember angekündigt, über ihre russische Tochter 28,5 Millionen Aktien der Strabag erwerben zu wollen. Zuletzt wurde dieses Aktienpaket von der russischen Rasperia Trading gehalten. Heuer im März wurde Rasperia an einen russischen Investor namens Iliadis verkauft, der nach Angaben der Bank nicht sanktioniert ist. Die Anteile sollen von der russischen RBI-Tochter erworben und dann als Sachdividende an die Konzernmutter in Wien übertragen werden. Ursprünglich hätte die Transaktion im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden sollen.

"Eine sanktionsrechtlich Prüfung ist gestartet", sagte Haselsteiner. "Ob der Erwerb der Rasperia durch die Iliadis Auswirkungen hat, können wir derzeit nicht beurteilen." Es sei nicht absehbar, "wann wir alle Unterlagen haben werden, um eine vollumfängliche Prüfung durchführen zu können - wir hoffen bald", so der Strabag-Chef. Seitens der RBI werde gegenüber dem Baukonzern immer wieder betont, dass bei dem möglichen Deal beziehungsweise dem geplanten Kauf der Strabag-Aktien alle sanktionsrechtlichen Vorschriften eingehalten würden.

Die Probleme in Russland trüben jedenfalls das Bild. Abgesehen vom derzeit noch recht großen Anteil in russischer Hand ist der Streubesitz des Baukonzerns mit nur 10,9 Prozent recht klein. "Der Wunsch, der sich seit Jahren nicht geändert hat, ist es, den Streubesitz zu erhöhen", räumte Haselsteiner ein. Es sei "eindeutig, dass das Hauptproblem der Strabag-Aktie eine zu geringe Liquidität und ein zu geringes Handelsvolumen", seien. "Das Wunschszenario wäre, dass die RBI ihr Aktienpaket an der Börse platzieren würde", richtet Konzernchef den Blick in die Zukunft.

Die Baukonjunktur ist derzeit insgesamt schwach. Im "wesentlichsten Markt" Deutschland erwarte die Strabag einen weiteren Rückgang im Wohn- und Bürobau. "Dieser Trend wird sich frühestens 2025 umdrehen", so der CEO. Die Lage sei differenziert, vor allem im Hochbau. Bei den kleineren Firmen seien die Probleme viel größer, sie hätten Auftragsrückgänge in großem Ausmaß - es gehe um Existenzängste. Der österreichische Markt sei derzeit ein "Sorgenkind" im Konzern: "Der Rückgang im Wohnbau ist besonders stark und die großen Industrieprojekte fehlen", hielt Haselsteiner fest. Der Zinsanstieg und die strengeren Vorgaben für die Vergabe von Immobilienkrediten hätten die Baugenehmigungen zum Erliegen gebracht. Allerdings mache der Wohnbau unter 10 Prozent der Strabag-Leistung aus.

"Das Konjunkturpaket der Regierung macht Hoffnung." Doch selbst ohne bürokratische Verzögerungen sieht der CEO "frühestens 2025" eine einsetzende Erholung. "Österreichs Baumarkt wird 2024 noch eine Herausforderung bleiben."

"Trotz aller Herausforderungen geht es uns überraschend gut", stellte Haselsteiner fest. Die Strabag profitiert von einem derzeit hohen Anteil an öffentlichen Aufträgen, die im abgelaufenen Jahr dem Konzernchef zufolge einen Anteil von 70 Prozent stellten. Normalerweise betrage das Verhältnis zu den privaten Aufträgen 55 zu 45 Prozent. "Wir warten, dass die private Baukonjunktur wieder anspringt", so der Konzernchef. Die "starke Performance 2023" führt das Management auf die Abdeckung der gesamten Bauwertschöpfungskette und die breite geografischen Präsenz zurück.

Auch operativ lief es gut: Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) um ein Viertel auf 880,2 Mio. Euro. "Das Jahr 2023 war von Faktoren geprägt, die für den Bau nicht unterstützend wirken", berichtete der Strabag-Chef. "Rückgänge in einzelnen Bausparten konnten wir dank unserer breiten Aufstellung mehr als ausgleichen", fügte er hinzu. Gleichzeitig arbeitete die Strabag weiter am Fortschritt des Bauens und setze auf die Wachstumstreiber der Zukunft - Nachhaltigkeit und Innovation.

"38 Prozent der globalen CO2-Emissionen entfallen auf Gebäude", strich Haselsteiner hervor. Um die europäischen Klimaziele zu erreichen, führe daher kein Weg an der Renovierung und Dekarbonisierung von Bestandsgebäuden vorbei. "Bauen im Bestand ist daher fest in unserer Strategie 2030 verankert", betonte der CEO.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr kletterte der Gewinn je Aktie (EPS) um 37 Prozent von 4,60 auf 6,30 Euro. Unter Berücksichtigung der höheren Zahl an Aktien infolge der jüngsten Kapitalerhöhung liegt der Wert laut Finanzvorstand Christian Harder bei 5,45 Euro je Aktie. Die Gewinnausschüttung an die Aktionäre soll nun im Vergleich zum Jahr davor von 2 Euro auf 2,20 Euro je Anteilsschein angehoben werden. Das entspreche einer Dividendenrendite von 5,7 Prozent. 2022 war der Konzerngewinn um 19 Prozent auf 472,5 Mio. Euro eingebrochen.

Der Ausblick des Managements auf das laufende Geschäftsjahr 2024 ist angesichts der generell schlechten Baukonjunktur vorsichtig: Die Bauleistung soll nur leicht von 19,1 auf 19,4 Mrd. Euro wachsen. 2023 legte sie noch um 8 Prozent zu. Weiters wird heuer eine EBIT-Marge von "mindestens 4 Prozent" angepeilt, nach zuletzt 5 Prozent.

Per Ende Dezember 2023 gab der Auftragsbestand der Strabag um 1 Prozent auf knapp 23,5 Mrd. Euro etwas nach. Trotz starker Rückgänge auf dem Wohnungsbaumarkt habe er "auf sehr hohem Niveau nahezu stabil gehalten" werden können.

In Vollzeitäquivalenten gerechnet beschäftigte der Bauriese im abgelaufenen Geschäftsjahr weltweit 77.136 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Personalstand wurde um 5 Prozent aufgestockt.