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Der Druck wird steigen

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2023
Europas Unternehmen machen sich Gedanken über u. a. Cyber­risiken, Rohstoffpreise, Material­­knappheit und die Lieferkette, aber auch den Mangel an Arbeitskräften. © Adobe Stock/Glittering Humanity

Das Cyberrisiko steht bei der aktuellen Global-Risk-Management-Umfrage von Aon weltweit erneut an der Spitze.

Aber auf Platz zwei folgen in ­Europa bereits das Rohstoffpreisrisiko und die Materialknappheit – und die Lieferkette bereitet den Entscheidungsträger:innen ebenfalls Sorgen.

In der Einschätzung der aktuellen Risikolage sind sich die Unternehmenslenker:innen weltweit zwar teilweise einig, jedoch lassen sich auch durchaus starke Unterschiede zwischen der globalen und der europäischen Geschäftswelt erkennen. Das zeigt der soeben veröffentlichte und mittlerweile neunte Aon Global Risk Management Survey 2023.

Für die zweijährliche Umfrage zum globalen Risikomanagement von Aon, einem international führenden Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, wurden knapp 3.000 Entscheidungs­träger:in­nen aus 61 Ländern und Regionen in insgesamt elf Sprachen befragt, um die dringendsten geschäftlichen Herausforderungen zu ermitteln. Aus Europa waren rund 1.000 Teil­nehmer:innen an der Umfrage beteiligt.

Tiefgreifende Veränderungen
„Die Welt ist unbeständiger geworden. Dies spiegelt sich in einer Reihe von tiefgreifenden Veränderungen in den Bereichen Handel, Technologie, Klima und Humankapital wider, die den Unternehmensleiter:innen die zunehmende Verflechtung von unterschiedlichen Risiken vor Augen geführt haben“, so Greg Case, CEO von Aon. „Durch den Einsatz fortschrittlicher Analysen und die damit verbundene Entwicklung innovativer Lösungen unterstützen wir Unternehmen auf der ganzen Welt, die eigenen Risiken zu quantifizieren, zu managen und das Kapital darauf abzustimmen, um bereits heute bessere Entscheidungen für morgen zu treffen.“

Die diesjährige Studie zeigt auf, dass Herausforderungen bezüglich des Humankapitals ein zentrales Geschäfts­risiko darstellen, das durch steigende Gesundheitskosten, den Wettbewerb um Talente, Arbeitskräftemangel und mangelnde Vorbereitung auf den Ruhestand angeheizt wird. Im Jahr 2023 rangiert die Gewinnung und Bindung von Talenten weltweit auf Platz vier, nachdem dieses Risiko 2021 noch nicht Teil der globalen Top Ten war. Auch in Europa gehört es zu den Top-Risiken und unterstreicht mit Platz fünf die internationale Tendenz.

Gleichzeitig stufen die befragten europäischen Unternehmen auch das Thema Mangel an Arbeitskräften als ein treibendes Risikothema mit einem Ranking auf Platz zehn ein. Auffallend ist, dass weltweit nur elf Prozent der Umfrageteil­neh­mer:innen angaben, ihre Personalrisiken quantifiziert zu haben, was eine erhebliche Lücke zwischen Risikobewusstsein und Risikovorbereitung verdeutlicht. 

„Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkt, an dem Führungskräfte erkennen, mit welchen Kosten die Herausforderungen des Humankapitals tatsächlich verbunden sind und dass dieses Risiko alle anderen wichtigen Geschäftsrisiken verstärkt“, unterstreicht Lambros Lambrou, CEO Human Capital bei Aon. „Ein Mangel an Talenten, Arbeitskräften oder kritischen Fachkenntnissen kann Innovation und Wettbewerbsfähigkeit behindern und das Risiko von Cyberangriffen, Verstößen gegen Vorschriften, Problemen in der Lieferkette, Geschäftsunterbrechungen und Reputationsschäden erhöhen.“

Mangelndes Bewusstsein für Klima und KI
Überraschenderweise haben es die Risiken Klima (Platz 17) und künstliche Intelligenz (Platz 49) nicht bis in die globale Top-Ten-Rangliste geschafft, was auf ein mangelndes Bewusstsein für die potenziellen Auswirkungen dieser Themen auf das Risikoprofil von Unternehmen schließen lässt. Zu den unmittelbareren klimabedingten Risiken gehören Sachschäden, Auswirkungen von Unwettern und Naturkatastrophen sowie die Folgen klimabezogener regulatorischer Änderungen und Compliance-Verpflichtungen für Unternehmen.

„Es ist beunruhigend zu sehen, dass Klimarisiken in der Einschätzung von Führungskräften nicht oder nur knapp zu den Top-Herausforderungen gezählt werden – Risiken, die dringend angegangen werden müssen, aber fast unbeachtet bleiben“, sagt Marcel Armon, CEO Aon Österreich. „Das Klima ist kein neu entstandenes, sondern ein dringliches Risiko, welches für Unternehmen aller Größenordnungen immer größere Auswirkungen hat. Was Führungskräfte jetzt brauchen, sind Erkenntnisse aus fortschrittlicher Analytik und Modellierung sowie innovative parametrische Lösungen, die ihnen dabei helfen, schon heute bessere Entscheidungen für morgen zu treffen.“

Die Lieferkette steigt in der Risikobewertung
Da Konflikte, geopolitische Veränderungen und makroökonomische Bedingungen weiterhin weitreichende Auswirkungen haben bzw. haben werden, stuften die befragten Entscheidungsträger auch das Risiko von Lieferketten- und Vertriebsausfällen auf den höchsten Stand seit 14 Jahren ein (Platz 6). Im europäischen Ranking rangiert dieses Risiko auf Platz ­sieben.

Laut der jüngsten Umfrage haben jedoch weniger als 40 Prozent der Unternehmen eine Bewertung der Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferanten durchgeführt, und weniger als 20 Prozent haben ihre Lieferantenbasis diversifiziert, um das Risiko von Lieferketten- oder Vertriebsausfällen zu mindern. Die unzureichenden Bemühungen zur Risikominderung scheinen also eng mit dem Anstieg der wahrgenommenen Risiken in der Lieferkette und im Vertrieb zusammenzuhängen.

Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen bleiben international in der diesjährigen Umfrage das Top-Risiko. In Nordamerika und Europa sowie im asiatisch-pazifischen Raum erreichte dieses Thema den ersten Platz. Damit verbunden wird deutlich, dass Unternehmen gegenüber Cyberrisiken den höchsten Grad an „Risk Readiness“ aufweisen; das heißt, Entscheidungsträger sind bereits stark für das Thema sensibilisiert und entsprechend vorbereitet.

Dementsprechend gehen diese Risiken mit einem der niedrigsten ausgewiesenen Einkommensverluste einher und weisen zugleich die prozentual höchsten Anteile an Maßnahmen zur Risikominderung im Vergleich zu den zehn größten globalen Risiken auf. Die Betriebsunterbrechung bleibt seit der Aon-Umfrage 2021 das zweithäufigste Risiko auf globaler Ebene (Europa: Platz 3), was die Tatsache widerspiegelt, dass Betriebsunterbrechungsereignisse zunehmen und mehrere Branchen und Unternehmen gleichzeitig betreffen können.

Während international das Rohstoffpreisrisiko und die Materialknappheit nur auf Platz sieben rangieren, stehen diese Risiken in Europa auf dem zweiten Platz – und stellen aus deutscher Perspektive sogar die größte Gefahr dar. Die unterschiedliche Gewichtung dieses Risikos ist auffallend und ließe sich unter anderem durch ein national abweichendes Preisbewusstsein, das die Auftragslage der europäischen und insbesondere der deutschen Firmen beeinflusst, erklären. 

Zusammenfassend ist laut Aon herauszustellen, dass nur zwei der fünf größten Risiken versicherbar sind; ähnlich sieht es in den Top-Ten-Risiken aus: Hier zeigt sich die Hälfte der genannten Risiken als derzeit nicht versicherbar. 

Österreichische Perspektive
Abschließend bringt Harald Luchs, Chief Sales Officer von Aon Österreich, die Ergebnisse aus österreichischer Sicht auf den Punkt: „Um zu Lösungen der globalen und regionalen Herausforderungen beizutragen, wird es für Unterneh­mer:innen immer wichtiger, ihre Risiken zu identifizieren und zu erfassen. Der Mangel an Arbeitskräften, die Gewinnung und Bindung von Talenten, Cyberrisiken und die Preisentwicklung sind schon lange bei den Unternehmen in Österreich angekommen. Auch der Klimawandel wird zukünftig zu den am meisten im Fokus stehenden Risiken zählen. Die Auswirkungen sind in allen Regionen Österreichs bereits spürbar. Die Bewältigung der Klimakrise wird zukünftig eine der ­herausforderndsten und komplexesten Aufgaben sein. Es bedarf eines Plans mit konkreten Umsetzungsschritten, der gleichzeitig viele dieser globalen Risiken, die auch regional sehr stark spürbar sind, anpackt. Der Druck auf Führungskräfte wird in Zukunft weiter steigen, und sie werden daran gemessen, die Risiken zu erkennen und bessere Entscheidungen zu treffen.“ (RNF)


INFO-BOX
Über den Aon Global Risk Management Survey
Der Global Risk Management Survey von Aon wird seit 2007 alle zwei Jahre durchgeführt und liefert Daten und Erkenntnisse, die eine bessere Entscheidungsfindung in Bezug auf Risiken in einem zunehmend volatilen und komplexen Geschäftsumfeld ermöglichen. Für die aktuelle, neunte Ausgabe wurden knapp 3.000 Entschei­dungs­träger:innen aus 61 Ländern und Regionen in insgesamt 11 Sprachen befragt, darunter rund 1.000 Teilnehmer:innen aus Europa.

www.aon.com/en/insights/reports/global-risk-management-survey/