Milch ist leer, wird nachbestellt.

NEW BUSINESS - NR. 5, JUNI 2017
Digitale Finanzservices sind weitgehend etabliert. Die weitere Digitalisierung soll Schritt für Schritt, Einzug in den menschlichen Alltag halten. © Fotolia/Konstantin Yuganov

Die Österreicher wollen die Digitalisierung noch nicht in ihr Privatleben lassen. Was am Arbeitsplatz zusehends Standard wird, braucht zuhause noch Zeit und Vertrauensaufbau.

Die Digitalisierung wird so manche Branchen und Lebensbereiche komplett umkrempeln, neue Jobs schaffen und andere ersetzen. Doch wie sehr wollen die Österreicher vernetzte und digitale Features in ihr Privatleben lassen? Aus heutiger Sicht: überraschend wenig. Denn digitale Alltagsservices werden noch misstrauisch beurteilt, selbst wenn es um ganz einfache Angelegenheiten geht. So wurde im Rahmen einer Studie nach der Einstellung gegenüber automatisierten Bestellvorgängen gefragt. Nur 17 Prozent unserer Landsleute würden sich wohlfühlen, wenn die zu Ende gehende Milch vom smarten Kühlschrank automatisch nachbestellt würde. Wobei es deutliche Unterschiede zwischen Jung und Alt gibt: 28 Prozent der 18- bis 24-Jährigen würden sich damit gerne anfreunden, bei den über 60-Jährigen sind es nur neun Prozent.
Im Vergleich zu den anderen Nationen gehören die Österreicher nach den Niederländern zu den größten Skeptikern: insgesamt 20 Prozent würden sich über automatische Nachbestellung von Milch in Deutschland freuen, 23 Prozent wären es in Frankreich, 34 Prozent in Spanien und sogar 46 Prozent in Italien.

Automatische Überweisungen ­akzeptiert
Beim digitalen Finanzmanagement scheinen die Österreicher bereits einen Schritt weiter zu sein. So meinten 29 Prozent der Befragten, dass sie sich bei einem Minus am Girokonto mit einer automatischen Geldüberweisung von ihrem Sparkonto durchaus wohlfühlen würden.
Insgesamt 43 Prozent der Österreicher stehen computergesteuerten Investitionsprogrammen positiv gegenüber: So würde nahezu jeder Dritte (genau: 30 Prozent) Anlageempfehlungen eines entsprechenden Bankingtools begrüßen und 13 Prozent würden einen Robo-Advisor in Anspruch nehmen, wenn die letztendliche Entscheidung bei ihnen liege.
Deutlich wurden diese Ergebnisse durch die Umfrage der ING-DiBa Austria im Rahmen der ING International Survey, bei der in 13 Ländern Europas repräsentative Erhebungen durchgeführt wurden.
Luc Truyens, CEO der ING-DiBa Austria, freut sich über dieses Resultat und meint: „Das Ergebnis zeigt, dass die Menschen zusehends in digitale Finanzservices vertrauen. Nun geht es darum, diese Entwicklung gemeinsam mit den Kunden Schritt für Schritt weiterzugehen. Es geht darum, das richtige Tempo zu finden und die Menschen nicht zu überfordern.“

Robo-Advisor: Aktuell noch einen Schritt zu weit
Ein Robo-Advisor ist ein voll automatisierter Finanzservice, der für den Anleger auf Basis vorab definierter Parameter die Anlagestrategie festlegt sowie ein Depot startet und praktisch eigenständig investiert. Jedem zweiten Österreicher (52 Prozent) ist dieser Service noch suspekt.
Luc Truyens: „Letztendlich zeigen diese Ergebnisse, wie hoch die Akzeptanz von digitalisierten Bankingservices bereits ist. Empfehlungen bzw. entsprechende Tools werden gerne angenommen. Die Kontrolle über ihre Finanzen – wohl genauso wie darüber, was im Kühlschrank ist – möchten die Menschen aber (noch) nicht abgeben.
Fortan wird es noch mehr darum gehen, einfache Tools anzubieten, die zum sinnvollen Bestandteil des Lebens werden – ohne die Menschen zu überfordern. Im Einzelhandel, aber auch bei Banken gelingt dies in vielen Bereichen bereits sehr gut.“ (MW)

INFO-BOX
Wer wurde befragt?
Die Umfrage der ING-DiBa Austria ist Teil der ING International Survey – einer Studienserie, die im Auftrag der ING Group regelmäßig verschiedene Aspekte rund um die Themen „Umgang mit und Wissen über Geld“ beleuchtet. Für die aktuelle Umfrage wurden vom Institut Ipsos online in 13 Ländern Europas (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Spanien, Türkei, Tschechien) knapp 13.000 Personen ab 18 Jahren befragt. In Österreich wurden 1.000 Personen interviewt.