VIG hat Vorsorgen für Russland-Exposure aufgestockt © APA - Austria Presse Agentur

Die börsennotierte Vienna Insurance Group (VIG) hat in den ersten sechs Monaten den Gewinn gesteigert und mehr Prämien eingenommen. Gewachsen ist der Versicherungskonzern in allen Sparten und Segmenten. Die Vorsorgen für das Russland-Exposure wurden nach bereits im ersten Quartal erfolgten Maßnahmen zum Halbjahr erhöht. In der Ukraine ist die VIG tätig. Positiv beurteilt wird die Zinserhöhung im Euroraum. Die Unwetterschäden waren auf Vorjahresniveau.

Zum Halbjahr war bei der VIG bereits für mehr als drei Viertel des rund 165 Mio. Euro umfassenden Exposures an russischen Staats- und Unternehmensanleihen vorgesorgt, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. In der Ukraine läuft das Geschäft weiter: Die drei VIG-Gesellschaften zeigten, dass sie in der Lage seien in dieser schwierigen Situation das Geschäft zu halten und man habe die Position am Markt gestärkt, sagte der stellvertretende Generaldirektor Hartwig Löger am Donnerstag zur APA. Die Mitarbeiter würden teilweise in anderen Ländern wie Tschechien und Polen sitzen und von dort aus für die Ukraine arbeiten. Positiv wirkte sich auf das Halbjahresergebnis die "Grünen Karte" aus, weil viele Ukrainerinnen und Ukrainer ins Ausland geflüchtet sind und das etwas überproportional durchschlage. Die Grüne Karte ist ein internationaler gültiger Nachweis für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Prämieneinnahmen der VIG in der Ukraine sind im Halbjahr um 23 Prozent auf rund 60 Mio. Euro gestiegen, das Vorsteuerergebnis auf rund 7 Mio. Euro (nach 3,1 Mio. Euro). Beschäftigt sind rund 1.400 Mitarbeiter. Das VIG-Investment an Staatsanleihen in der Ukraine beträgt rund 40 Mio. Euro (Nominalwert). Derzeit stelle die VIG das Engagement in der Ukraine in keinster Form in Frage, betonte Löger. In Russland ist die VIG nicht vertreten.

Die Unwetterschäden waren im Konzern heuer in den ersten sechs Monaten mit 200 Mio. Euro ähnlich hoch wie im Vorjahreszeitraum (210 Mio. Euro), davon verblieben nach Rückversicherung netto 130 Mio. Euro. Prognosen sind schwierig. Unwetterschäden würden aber weiterhin ständig ein Thema sein, betonte Löger. Man rechne damit, dass sich die hohe Entwicklung der letzten Jahre in unterschiedlicher Form fortsetzen werde. Es sei wichtig in der Diskussion für eine flächendeckende Versicherungslösung in dem Bereich Bewegung in die Politik zu bringen. Das Konzept der Branche liegt seit langem auf dem Tisch. Es wäre gut, das Naturkatastrophen-Risiko in bestehenden Verträgen wie etwa in einer Gebäude- oder Haushaltsversicherung obligatorisch zu integrieren, so Löger. Dies wäre mit relativ geringen Kosten möglich. Bei einer Versicherungslösung habe jeder einen Anspruch im Sinne seines Schadens.

Die Zinserhöhung im Euroraum sei durchaus positiv, die Geldpolitik bewege sich wieder in Richtung Normalität, so Löger, der von 2017 bis 2019 Finanzminister war und Anfang 2021 in den VIG-Vorstand einzog. Die Versicherungen seien wieder in der Lage, puncto Vorsorge und Lebensversicherung mit Zinserhöhungen wieder mittel- und langfristige Renditen darstellen zu können, zusätzlich zur Abdeckung der biometrischen Risken. Das Thema Vorsorge werde in Zeiten gewisser Unsicherheiten wieder stärker wahrgenommen. Auch im Veranlagungsbereich ergäben sich wieder Chancen für mehr Renditen, was wiederum den Kunden zugute komme.

In der Krankenversicherung habe die Corona-Pandemie in allen Ländern, in denen die VIG in dieser Sparte tätig ist, das Bewusstsein in Richtung Gesundheitsvorsorge erhöht und eine Stärkung der Nachfrage gebracht. Bei den Leistungen habe sich die Situation wieder stabilisiert, nachdem sich zuvor die Verschiebungen von Operationen ausgewirkt haben. In der Sachversicherung wie etwa der Autoversicherung laufen die Verträge in Österreich zumeist über mehrere Jahre, hier gibt es automatische Anpassungen, die sich an der Inflationsrate orientieren.

Im ersten Halbjahr stieg das Vorsteuerergebnis der VIG gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,3 Prozent auf 277,3 Mio. Euro, das Nettoergebnis um 8,6 Prozent auf 202,3 Mio. Euro. Das Finanzergebnis (exkl. Ergebnis aus at equity bewerteten Unternehmen) sank um 10,1 Prozent auf 315,5 Mio. Euro. Die Combined Ratio - Schäden und Kosten gemessen an den Einnahmen - verbesserte sich um 0,9 Prozentpunkte auf 94,3 Prozent.

Das Prämienvolumen wuchs um 11,6 Prozent auf 6,44 Mrd. Euro (exklusive der Aegon-Gesellschaften), dabei gab es Steigerungen in allen Sparten und Segmenten. Die VIG übernahm von der niederländischen Aegon das Osteuropageschäft mit einem Prämienvolumen von zuletzt rund 600 Mio. Euro. Kräftig gestiegen sind im Konzern die Einnahmen in der Auto-Haftpflicht (+20,3 Prozent auf 975,2 Mio. Euro), in der Kfz-Kasko (+11,1 Prozent auf 787,5 Mio. Euro) sowie in der sonstigen Sachversicherung (+15,2 Prozent auf 3,3 Mrd. Euro). In der Krankenversicherung stieg das Prämienvolumen um rund 12 Prozent auf 411,8 Mio. Euro. Auf die Lebensversicherung mit laufender Prämienzahlung entfielen 1,4 Mrd. Euro (+4,1 Prozent) und auf Verträge mit Einmalprämien 485,4 Mio. Euro (+8,9 Prozent).

Die VIG zeige eine weiterhin sehr starke Resilienz, die sich in abermals verbesserten Kennzahlen manifestiere, so VIG-Generaldirektorin Elisabeth Stadler am Donnerstag laut Pressemitteilung. "Die Halbjahresergebnisse stimmen uns zuversichtlich, für 2022 eine positive operative Performance zu erreichen." Die Entwicklung des Geschäftsjahres 2022 bleibe durch Unsicherheitsfaktoren, allen voran durch die Kriegssituation in der Ukraine und ihre unvorhersehbaren Konsequenzen beeinflusst, so die VIG in ihrer heutigen Mitteilung. "Deshalb wird derzeit von einer Jahresendprognose abgesehen."