Im neuen AT&S Werk in Kulim sollen später 2.400 Menschen arbeiten © APA - Austria Presse Agentur

Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S hat am Mittwoch im malaysischen Kulim ein neues Werk für vorerst rund 1.000, Ende 2024 schon für rund 2.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eröffnet. Bereits am Vorabend lud CEO Andreas Gerstenmayer in George Town auf der Insel Penang zur Pressekonferenz und zeigte sich nach der zuletzt gesunkenen Umsatzprognose zuversichtlich: Er erwarte ab Mitte 2024 wieder Wachstum und "in jeder Krise steckt eine Chance".

Die neue Niederlassung im Hi-Tech-Park Kulim im Bundesstaat Kedah umfasst eine Fläche von rund 200.000 Quadratmetern, auf die zwei mehrere Geschoß hohe Produktionswerke und ein ebenfalls mehrgeschoßiges Bürogebäude gebaut wurden. Werk I sowie das Bürogebäude wurden nun eröffnet und werden bezogen, Werk II ist noch nicht fertig. Etwa 100.000 Quadratmeter der Fläche werden als Reinräume ausgeführt. In ihnen sollen ab Ende 2024 hochwertige IC-Substrate für Prozessoren von AMD hergestellt werden. Bis die Produktion voll anläuft werden noch Samples generiert und die Feinabstimmung sämtlicher Herstellungsprozesse vorgenommen. Bisher floss rund eine Milliarde Euro an Investitionsvolumen in den Bau der Niederlassung.

Da Künstliche Intelligenz (KI) in der Zukunft in den meisten digitalen Anwendungen eine Rolle spielen werde, sieht sich AT&S mit einem Vorsprung, "denn wir werden vor allem im und durch das Hochleistungs-Computing-Segment wachsen", ist Gerstenmayer überzeugt. Werk II habe man zwar nicht wie zuerst geplant schon in Betrieb nehmen können - dafür fehle derzeit das Marktumfeld. Doch sobald das Wachstum wieder anziehe, werde AT&S unter den ersten sein, die Kapazität hochfahren können, sieht Gerstenmayer die "Chance in der Krise".

Die Leobener hatten schon vor Jahren auf einen Expansionskurs gesetzt, ein Teil davon ist der nun eröffnete Campus in Malaysia. "Wir sind stolz darauf, dass wir in so kurzer Zeit und trotz all der Herausforderungen wie etwa der Covid-Pandemie das wohl modernste IC-Substrate-Werk der Welt errichtet haben und die benötigten Technologien und Kapazitäten zeitgerecht zur Verfügung stellen können, sobald sich die Märkte wieder erholt haben", so der CEO. Baustart war im November 2021, die ersten Maschinen wurden bereits im Februar 2023 ins Werk I eingebaut. Ende März 2024 werden nun auch die Büros bezogen. Die Massenproduktion soll Ende 2024 starten - etwa 1.500 Menschen werden dann im Werk arbeiten, etwa 900 in den Büros, schilderte AT&S-Vorstandsmitglied Ingolf Schröder bei der Pressekonferenz.

Bisher findet die Serienproduktion von IC-Substraten des börsennotierten Konzerns mit Hauptsitz im obersteirischen Leoben in den Chongqing-Werken I und III in China statt. Die IC-Substrate werden meist in Notebooks, aber auch Servern und Hochleistungsrechnern als Schnittstelle zwischen Mikrochips und Leiterplatten in Mikroprozessoren verwendet. Ein großer Kunde ist bereits im November bekannt geworden: Die bisher zur Verfügung stehenden Kapazitäten des Werks I in Kulim werden ab dem vierten Quartal 2024 für den US-Chiphersteller AMD genutzt.

Scott Aylor von AMD nannte für die revolutionäre Chiplets-Technologie der Amerikaner AT&S als verlässlichen Partner, der nicht nur die Dichte bei den IC-Substraten bewältigen könne, sondern auch die zunehmende Komplexität. Um auch in Zukunft für die Herausforderungen gewappnet zu sein, initiierte AT&S auch einen eigenen Lehrstuhl für IC-Substrate an einer Universität in Malaysia, um dort die künftigen Ingenieure auszubilden. Ab Oktober 2024 starte der Master-Studiengang: "Wir sind schon gespannt auf das Interesse der Studierenden", so Schröder. Er betonte, dass AT&S als erstes Unternehmen die Technologie für High-Performance-IC-Substrate nach Malaysia bringe.

AT&S hatte im ersten Halbjahr 2023/24 einen Umsatzeinbruch: Der Konzernumsatz reduzierte sich von 1,07 Mrd. Euro in der Vergleichsperiode des Vorjahres auf 814 Mio. Euro (minus 24 Prozent). Begründet wurde das mit dem schwierigen Marktumfeld, das auch unterm Strich zu Einbußen führte: Das Konzernergebnis verringerte sich von 224,4 Mio. um 78 Prozent auf 48,5 Mio. Euro, wurde im November 2023 veröffentlicht. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sank - bedingt durch den geringeren Konzernumsatz - von 315 Mio. Euro auf 217 Mio. Euro.

Neueste Daten zahlreicher Marktanalysten würden nun die interne Einschätzung von AT&S bestätigen, wonach ab der zweiten Hälfte 2024 das Marktumfeld auf Erholung und Wachstumskurs einschwenken sollte. "Es ist nach wie vor unser klares Ziel, dass AT&S unter den Top drei Unternehmen am globalen Markt positioniert ist. Unsere Midtime-Guidance, 3,5 Milliarden Umsatz im Geschäftsjahr 26/27, bleibt aufrecht", so der CEO. Vergangene Woche senkte AT&S die Umsatzprognose für 2023/24 von 1,7 bis 1,9 Mrd. Euro auf 1,6 Mrd. Euro.

AT&S ist bereits seit 1999 mit einem Produktionsstandort in Indien (Nanjangud) vertreten, es folgten Werke in China (Shanghai und Chongqing) sowie Südkorea (Ansan) - nun Malaysia. Das südostasiatische Land gilt als eines der führenden Halbleiterproduktionszentren der Welt. Die Elektro- und Elektronikindustrie (E&E) ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor. Seit mittlerweile fünf Jahrzehnten werden Halbleiter in Malaysia hergestellt, wobei alles in den 1970er-Jahren mit den sogenannten acht Samurais begonnen hatte. Die acht Produktionsfirmen waren damals: Texas Instruments (damals National Semiconductor), Intel Malaysia, Agilent (damals Hewlett-Packard), AMD, Bosch, Clarion, Osram (damals Litronix) und Renesas (damals Hitachi).

Dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten in Malaysia, Reinhart Zimmermann, zufolge haben rund 50 österreichische Unternehmen Niederlassungen in Malaysia, noch viele mehr sind über Vertriebspartner im Land aktiv. Knapp ein Dutzend der Firmen haben Produktionsstandorte: "AT&S und die OMV sind aber in puncto Investment in Malaysia die mit Abstand größten Player aus Österreich", so Zimmermann.

Er sieht in Malaysia mehrere Standortvorteile: "Günstige Energie, günstiges Personal und überhaupt ein günstiges Land." Malaysia mit seinen rund 34 Mio. Einwohnern habe das passende "Ökosystem" über Jahre aufgebaut und biete etwa auch Talente für die Arbeit in Reinräumen. "Natürlich wären die Philippinen oder Indonesien noch günstiger, aber da fehlt dieses Ökosystem", sagte der Wirtschaftsdelegierte. Zusätzlich werden staatliche Förderungen wie auch Steuerbefreiungen für jene geboten, die viel Geld im Land investieren. Mit der Malaysian Investment Development Authority (MIDA) biete der Staat sogar eine eigene Organisation für Auslandsinvestitionen, die als One-Stop-Shop für ausländische Unternehmen umfangreiche Arbeit leiste.