Einschränkung durch EU-Wettbewerbsrecht soll gelockert werden © APA - Austria Presse Agentur

Die EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister beraten am Montag in Luxemburg über weitere Erleichterungen und Hilfen für Bäuerinnen und Bauern. Deutschland schlägt vor, es den EU-Mitgliedstaaten leichter zu machen, ihre eigene Landwirtschaft zu unterstützen, ohne in Konflikt mit dem EU-Wettbewerbsrecht zu kommen. Auch Österreichs Agrarminister Norbert Totschnig (ÖVP) ist dafür. Er forderte zudem erneut, die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung zu verschieben.

Um zu verhindern, dass staatliche Beihilfen zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Ländern führen, müssen diese in der Regel von der EU-Kommission geprüft werden. Im Agrarbereich gibt es aber einen Freibetrag von 20.000 Euro pro Betrieb über einen Zeitraum von drei Jahren, bis zu dem einzelne Staaten ohne weitere Kontrollen der Kommission Beihilfen vergeben dürfen. Deutschland will den Freibetrag nun mit der Unterstützung von Frankreich, Österreich und anderen Staaten auf 50.000 Euro anheben lassen.

"Nationale Spielräume sind immer wieder notwendig", drückte Totschnig vor dem Treffen gegenüber der Presse seine Unterstützung für eine Anhebung der sogenannten "de-minimis"-Grenze aus. Laut dem deutschen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) biete eine Anhebung die Möglichkeit, den Bauern zu helfen, ohne dafür Umweltstandards zu senken. Auf die Frage, ob dies dazu führen könnte, dass die Landwirtschaft in weniger finanzstarken Ländern der EU gegenüber jener aus finanzstarken Ländern ins Hintertreffen gerät, meinte Özdemir: "One-size-fits-all gibt's nicht." Das sei auch bei früheren EU-Regelungen so gewesen. "Die Ausgangsbedingungen sind in der EU nicht eins zu eins identisch", so der deutsche Minister.

Nicht auf der Tagesordnung, aber trotzdem Thema unter den Ministern dürfte die EU-Entwaldungsverordnung sein, deren Regeln mehrheitlich Ende 2024 in Kraft treten. Totschnig hatte hier jüngst gefordert, dass die Regeln erst später angewendet und die Berichtspflichten für Österreichs Waldbesitzer vereinfacht werden sollen. Das vorrangige Ziel müsse eine "praxisorientierte und einfache Umsetzung" sein, wiederholte er am Montag. Er wird laut eigenen Angaben von 22 anderen EU-Staaten unterstützt.

Die Regierung in Wien ist sich bei dieser Frage uneins. Nach Totschnigs jüngstem Vorstoß vor rund einem Monat hielt Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einem Brief an die EU-Kommission fest, dass es sich dabei nicht um die Position Österreichs handle. Der aus der gleichen Parteifamilie wie Gewessler stammende deutsche Minister Özdemir fordert am Montag dagegen ebenfalls ein Aussetzen der Verordnung, wenn es bis Ende des Jahres nicht gelingt, für einfachere Regeln zu sorgen. Konkret schwebt Özdemir ein sogenanntes Benchmarking vor. Demnach sollen für unterschiedliche Länder unterschiedliche Regeln gelten, je nachdem ob es sich um ein Hochrisiko-Land für Abholzung handle oder nicht.

Klar für ein Umsetzen der Entwaldungsverordnung sprach sich die Umweltorganisation Greenpeace in einer Aussendung aus: "Österreich war von Anfang an in die Verhandlungen involviert und hat das Gesetz mitbeschlossen. Greenpeace fordert eine rasche, wie geplante Umsetzung bis Ende des Jahres. Willkürliche Ausnahmeregelungen für einzelne Länder darf es nicht geben."

Die EU-Entwaldungsverordnung soll verhindern, dass Produkte auf den europäischen Markt kommen, für deren Herstellung es zu Entwaldung kam - also eine Waldfläche dauerhaft in Agrarfläche umgewandelt wurde. Zu den betroffenen Waren gehören neben Holz auch Rinder oder Soja. Bauern oder Waldbesitzer müssten demnach eine Sorgfaltserklärung inklusive Geodaten abgeben, bevor sie ein Produkt auf den Markt bringen können. Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es aber Ausnahmeregelungen.