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Dr. Till Potente (rechts im Bild), Senior Director Production and Engineering IMA, Phoenix Contact Electronics GmbH © PHOENIX CONTACT GmbH

Durch die Digitalisierung der Produktion am Phoenix Contact-Standort Bad Pyrmont wurde die Produktivität um mehr als zehn Prozent gesteigert.

Oberstes Ziel einer jeden Fabrik ist seit jeher die kontinuierliche Steigerung der Produktivität. Durch die Digitalisierung wird diese Intention beschleunigt, denn neue Möglichkeiten und teils disruptive Veränderungen bieten ein großes Potenzial. Daher müssen die Unternehmen zwingend am digitalen Wandel partizipieren, wenn sie nicht den Anschluss verlieren und langfristig wettbewerbsfähig bleiben wollen.

In der digitalen Fabrik lässt sich eine Erhöhung der Produktivität auf unterschiedliche Weise erreichen. Eine wichtige Rolle spielt die Flexibilität in der Produktion. In einer anpassungsfähigen, vollständig vernetzten Fertigung, die schnell auf neue Anforderungen und volatile Märkte reagieren kann, können Stillstandzeiten beispielsweise durch umfassende Diagnosemöglichkeiten erheblich reduziert werden, was die Anlagenverfügbarkeit deutlich steigert.

Wurde zum Beispiel in der Vergangenheit eine Kostensenkung und damit Produktivitätserhöhung über Massenware und große Losgrößen angestrebt, führen die sich verändernden Kundenbedürfnisse und der Wunsch nach mehr Individualität heute zu einem Umdenken. Kostenvorteile lassen sich hier lediglich über eine ökonomische Herstellung kleinster Stückzahlen und die dafür notwendige Flexibilität erzielen. Des Weiteren steht die „Idea to Cash“ im Vordergrund: Wie schnell zahlen sich Investitionen in die Digitalisierung aus?

Darüber hinaus ist ein Outside-the-Box-Denken erforderlich, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder Prozesse von Grund auf neu zu gestalten und so das ganze Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen. Der Schlüssel zur erfolgreichen digitalen Fabrik liegt in den Daten und dem richtigen Mindset. Sie bilden die Basis, damit Unternehmen von den Vorteilen – wie unter anderem einer erhöhten Anlagenverfügbarkeit, ressourcen- und energiesparenden Fertigungsverfahren sowie einer höheren Qualität der Prozesse – profitieren und gleichzeitig die Herausforderungen der Zeit meistern können. 

Effiziente Datensammlung
Das Sammeln von Daten stellt den ersten Schritt in Richtung einer digitalen Fabrik dar. Dazu bedarf es einer Lösung, die weder die CE-Zertifizierung vorhandener Maschinen noch die Gewährleistung neuer Maschinen gefährdet. Beim Speichern und Auswerten der erfassten Daten muss eine Vielzahl an Schnittstellen berücksichtigt werden, denn die klassische Trennung von OT- und IT-Level gehört der Vergangenheit an.

Im Internet sind alle Dinge miteinander vernetzt und kommunizieren untereinander. Daraus resultieren zahlreiche Vorteile, etwa die mögliche Analyse der Daten mittels künstlicher Intelligenz (KI), weshalb Entscheidungen effizienter und effektiver getroffen werden können. Die umfassende Vernetzung führt jedoch zwangsläufig zu Kommunikationsproblemen zwischen Cloud-Diensten, ERP- und MES-Systemen, lokalen Datenbanken und der Maschinensteuerung. Zudem verursacht jede Schnittstelle Kosten. 

Das auf PLCnext Technology basierende IIoT-Framework von Phoenix Contact schafft Abhilfe, indem es eine Brücke zwischen OT- und IT-Level baut und neben einer effizienten Datensammlung den reibungslosen Datenaustausch zwischen sämtlichen Systemen und Geräten beider Welten ermöglicht. Die Daten werden dazu normiert, sodass sie auf allen Ebenen transparent zur Verfügung stehen und nutzbringend im Produktionsablauf eingesetzt werden können. Aufgrund der offenen Architektur lässt sich das IIoT-Framework flexibel erweitern.

Zuverlässiger Datenfluss sowie einfache Maschinenintegration
Vom Sensor bis in die Cloud: Auf sämtlichen Ebenen der digitalen Fabrik werden Daten generiert. Die stetig zunehmende Teilnehmerzahl und die damit einhergehende Datenmenge resultieren allerdings in immer komplexeren Netzwerken. Doch ein effizienter und zuverlässiger Datenfluss sowie eine hohe Flexibilität bilden die wesentliche ­Voraussetzung für einen reibungslosen Fertigungsbetrieb. Ferner sichern sie die po­tenzielle Ausbaufähigkeit der Lösung auch in der Zukunft. Neue Technologien – zum Beispiel Bluetooth LE, LoRaWAN, 5G oder WLAN 6 – werden benötigt, um von innovativen Konzepten, wie der Einbindung von Smart Devices, zu profitieren und die steigende Bandbreite managen zu können. 

Die Verbindung aller Netzwerkteilnehmer mit dem Internet birgt zahlreiche Vorteile für den Produktionsbetrieb, beispielsweise den ortsunabhängigen sowie einfachen Zugriff auf sämtliche Maschinen. Mit wachsender Knotenzahl und Datenmenge erhöhen sich jedoch ebenfalls die Risiken unerlaubter Zugriffe durch Dritte. Deshalb ist ein vollumfänglicher Schutz des Fertigungs­betriebs zwingend notwendig. Außerdem erweist es sich beim Aufbau von Security-Maßnahmen als essenziell, eine Brücke zwischen der OT- und der IT-Welt zu schaffen sowie die unterschiedlichen Prioritäten, Anforderungen und Arbeitsweisen beider Bereiche miteinander in Einklang zu bringen. Phoenix Contact hat sich gemäß der internationalen Normenreihe für IT-Sicherheit IEC 62443 zertifizieren lassen.

Der Automatisierungsspezialist bietet hier vom umfassenden Security-Konzept über den sicheren Remote-Access bis zur Absicherung älterer, nicht mehr Update-fähiger Maschinen verschiedene Lösungen für den erforderlichen Schutz vor Angriffen – sei es von innerhalb oder außerhalb des Unternehmens.

Eine zielgerichtete Nutzung der Produktionsdaten ist entscheidend, um den Materialfluss in der Fertigung flexibel steuern und schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Kürzere Produktlebenszyklen bedingen intelligente Lösungen zur einfachen horizontalen und vertikalen Integration von Maschinen oder Arbeitsplätzen – und das bei gleichzeitig geringem Engineering-Aufwand durch Standardisierung. Die Einbindung innovativer Systeme – zum Beispiel Cobots oder fahrerloser Transportsysteme – macht die Digital Factory zu einer Smart Factory, also einer sich selbst organisierenden Fabrik, in der Assets eigenständig unterschiedliche Auf­gaben übernehmen können. 

Platzsparende Data Collection Box
Die Digitalisierung der eigenen Produktion bedeutet vor allem, den Mut zur Veränderung zu haben, damit Neues ausprobiert und Bewährtes auf den Prüfstand gestellt werden kann. Das Ziel der Digitalisierung in der eigenen Fertigung von Phoenix Contact war es daher, nicht nur neue Technologien und innovative technische Lösungen zu etablieren, sondern auch ein neues Denken und Verhalten im Unternehmen. Die Elektronikproduktion am Standort Bad Pyrmont umfasst täglich 228 Arbeitsplätze.

Mit den selbst entwickelten und nachrüstbaren Data Collection Boxen haben die Automatisierungsspezialisten nicht nur eine Datensammellösung geschaffen, sondern ebenso ein platzsparendes und günstiges Konzept. Aufgrund ihrer kompakten Bauform lässt sich die Box beispielsweise im Zwischenboden versenken. 

Weiterhin werden die zu erfassenden Daten außerhalb der Maschinen abgegriffen, sodass keine CE-Verletzungen oder Garantieverluste auftreten. Auf diese Weise fallen pro Tag 1,3 Millionen Datenpunkte an, die sich pro Jahr auf mehr als 270 Terabyte summieren. Über das IIoT-Framework PLCnext Technology lassen sich die OT-Daten mit den überlagerten (IT-)Systemen – wie ERP oder MES – sowie Cloud-Diensten zusammenführen.

Der intelligente, selbstlernende Anomaly Detection-Algorithmus von Phoenix Contact sowie die Lösungen verschiedener Start-ups zeigten allerdings, dass bereits drei bis fünf Prozent der Ein- und Ausgänge eine effektive Analyse der Anlage ermöglichen. Eine einfach handhabbare Visualisierung der Ergebnisse stellt dem Produktionsleiter und seinen Mitarbeitenden nun dar, wo im Tagesgeschäft Optimierungspotenziale zu finden sind, und gibt Handlungsempfehlungen, wie diese umgesetzt werden können. 

50-prozentige Ersparnis bei der Netzwerkintegration
Eine weitere Maßnahme am Fertigungs­standort Bad Pyrmont war der Aufbau einer zukunftssicheren digitalen Netzwerkinfrastruktur, damit umfassende Diagnosemöglichkeiten und Redundanzen zur Ausfall­sicherheit realisiert werden konnten. Durch den Einsatz der neuesten Managed-Switch-Generation aus dem eigenen Haus ist eine Ringtopologie mit Gigabit-Fähigkeit entstanden.

Die Anbindung der einzelnen Maschinen an das überlagerte Produktionsnetzwerk erfolgt mit einer Gigabit-Firewall. Sie schützt vor unbefugten Zugriffen und erlaubt die Integration der Maschinen in das Unternehmensnetzwerk, ohne dass deren IP-Parameter geändert werden müssen. Mit dem eingebauten Firewall-Assistenten lassen sich neue Maschinen auch ohne tiefere IT-Kenntnisse in die bestehenden Fertigungsanlagen einbinden. So können sie lediglich über die freigegebenen Protokolle und Ports mit dem überlagerten Produktionsnetzwerk kommunizieren. 

Mit den überall verfügbaren normierten Daten und einer geeigneten sowie gesicherten digitalen Infrastruktur sind die Grundlagen zum Aufbau einer Smart Factory in Bad Pyrmont gelegt. Zur Umsetzung der ersten Schritte auf diesem Weg haben die Automatisierungsspezialisten PLCnext-, WLAN-, Netzwerktechnik-, HMI-, Safety- und viele andere Produkte von Phoenix Contact im Smart Production Cabinet zusammen­geführt. In Kombination mit dem eigenen Automatisierungsstandard Smart Production Library sind die Cobot-Applikationen in der Hälfte der Zeit in das Fertigungsnetzwerk integriert worden. Darüber hinaus hat sich die Flexibilität im Materialtransport durch die Nutzung fahrerloser Transportsysteme erhöht.

Diese rüstet Phoenix Contact ebenfalls mit eigener WLAN-Technik aus und testet schon die Verwendung weiterer Technologien. Durch die Digitalisierung der Produktion am Standort Bad Pyrmont lassen sich Idea-to-Cash-Projekte jetzt fünfmal schneller umsetzen. Zudem hat sich die Produktivität um mehr als zehn Prozent gesteigert. Interessierte können sich im Rahmen der PLCnext Factory-Tour einige der Lösungen live in Aktion ansehen. 

Fazit
Die Erfahrungen aus der Fertigung am Standort Bad Pyrmont haben gezeigt, welch hohe Produktivitätssteigerungen sich be­reits mit einer geringen Datenbasis in kurzer Zeit realisieren lassen. Darauf aufbauend entwickeln die Mitarbeitenden weitere Lösungen, die im Rahmen eines agilen Prozesses getestet und implementiert werden. Dabei stehen stets die Flexibilität und der Idea-to-Cash-Gedanke im Mittelpunkt – für eine zukunftsfähige digitale Fabrik. (red./PR)

Mehr Informationen: ­
www.phoenixcontact.com/digitalfactorynow

Info-Box:
Smarte Lösungen für eine nachhaltige Zukunft
Die All Electric Society beschreibt eine Welt, in der regenerativ erzeugte elektrische Energie kostengünstig und nahezu unbegrenzt als Hauptenergieform verfügbar ist. Der Schlüssel zur Umsetzung liegt in der umfassenden Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung aller Sektoren von Wirtschaft und Infrastruktur. Die ökologische Verantwortung und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen muss in den Fabrikhallen elementarer Teil des Maschinen- und Anlagenkonzepts sein, damit immer anspruchsvollere Regularien hinsichtlich der Energieeffizienz eingehalten werden können. 
Digital Factory now von Phoenix Contact bietet die Antwort auf die wichtigsten Fragen der Digitalisierung und trägt durch die Optimierung von Prozessen, Ressourcen und Verbräuchen dazu bei, die Vision der All Electric Society voranzutreiben. Interoperable Architekturen, eine offene Steuerungsplattform und der Einsatz neuester Technologien in Kombination mit einer flexiblen, sicheren Infrastruktur bilden hierfür die Grundlage. Die digitale Abbildbarkeit der Produkte ermöglicht neben durchgängigen digitalen Engineering-Ketten innovative Smart Services auf dem Weg zur effizienten und nachhaltigen Smart Factory sowie zur Vernetzung mit weiteren Sektoren.