Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ, im Interview.

NEW BUSINESS - NR. 6, JULI/AUGUST 2020
Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ. © ÖRV/RZ/Sabine Klimpt

Wie sich die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich organisatorisch auf den Shutdown eingestellt hat, was jetzt für Unternehmer wichtig ist, darüber spricht Heinrich Schaller.

Herr Generaldirektor Schaller, wie unterscheidet sich die aktuelle Krise von der Finanzkrise 2008?
Mit 2008 kann man die aktuelle Situation nicht vergleichen, denn damals ging die Krise vom Finanzsektor aus. Heute ist die gesamte Realwirtschaft direkt betroffen. Darüber hinaus hat der Bankensektor seit 2008 deutlich an Stabilität gewonnen, Banken verfügen heute über mehr Eigenkapital zur Absicherung.

Wie können Banken jetzt Kunden in dieser schwierigen Lage unterstützen?
Unsere Aufgabe ist es jetzt, für Stabilität zu sorgen. In erster Linie gilt es, die Liquidität der Unternehmen zu sichern. Dort, wo es notwendig ist, werden auch Zinsen und Kreditrückzahlungen nach hinten geschoben. Wichtig ist, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen und die besten Lösungen im Zusammenhang mit den staatlichen Förderungen zu garantieren.

Stichwort staatliche Maßnahmen: Die versprochene Liquidität für Unternehmen kommt bei vielen nicht oder nur zögerlich an, wie man immer wieder hört. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?
Bei den Maßnahmen für die Wirtschaft hat es zu Beginn eine Diskrepanz zwischen Ankündigung und tatsächlicher Umsetzung gegeben, weil man aufgrund der notwendigen Schnelligkeit der Planung vielleicht zu wenig durchdacht hat, wie die öffentlichen Stellen die Maßnahmen umsetzen können. Da hat es von Kunden Unmut gegeben, der an den Banken abgeladen wurde, auch wenn diese nichts dafür konnten. Aber hier wurde seitens der Regierung ja mittlerweile schon nachgeschärft und die Abwicklung durch die Vereinfachung von teils organisatorischen, teils rechtlichen Rahmenbedingungen beschleunigt.

Was bedeutet das in Zahlen bei den Überbrückungsfinanzierungen bzw. bei den Kreditstundungen?
Wir haben in der Raiffeisenbankengruppe OÖ im Kontext von COVID-19 mehr als 11.000 Kreditstundungen abgewickelt, 58 Prozent davon betreffen Privatkunden. Das Stundungsvolumen beträgt rund 76 Millionen Euro. Außerdem haben wir 1.885 Anträge für Überbrückungshilfen der staatlichen Förderstellen wie AWS, ÖHT oder OeKB in Bearbeitung bzw. bereits abgewickelt, was einem Volumen von mehr als 1,1 Milliarden Euro entspricht. Diese Zahlen machen deutlich, dass wir wirklich alles unternehmen, um unseren Kunden zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen. Unser oberstes Ziel ist es, niemanden im Regen stehen zu lassen.

Wie beurteilen Sie die Stimmung bei Ihren Unternehmenskunden?
Natürlich ist die Stimmung auch nach den aktuellen Lockerungen von großer Unsicherheit geprägt, weil man nur sehr schwer abschätzen kann, wie sich die nächsten Monate wirtschaftlich entwickeln werden. Ich gehe davon aus, dass es erst 2021 zu einer echten Erholung kommt. Fest steht, dass Bereiche wie der Dienstleistungssektor und besonders Tourismusbetriebe auch über den Sommer hinaus enorme Herausforderungen bewältigen müssen.

https://www.raiffeisen.at/