Smarte Personentransporte

NEW BUSINESS Innovations - NR.10, DEZEMBER 2019
Jede Stadt muss sich mit den gleichen Transportproblemen auseinandersetzen – Staus, Umweltverschmutzung und Barrierefreiheit. Selbstfahrende Busse sollen hier Abhilfe schaffen. © Local Motors

Olli, der selbstfahrende Bus aus dem 3D-Drucker, wird in der GoMentum Station getestet. Er arbeitet vorausschauend und konzentriert.

Local Motors, AAA Northern California und die Verkehrsbehörde der Stadt Contra Costa (Contra Costa Transportation Authority, CCTA) testen zurzeit eine innovative Lösung für die Herausforderung des „ersten und letzten Kilometers“, der sich viele Pendler im Großraum San Francisco Bay Area wie auch im ganzen Land tagtäglich stellen müssen. Dabei handelt es sich um einen selbstfahrenden Elektrobus Olli aus dem 3D-Drucker in der GoMentum Station im Landkreis Contra Costa County, der künftig auch in der Nähe von Transitstationen überall im nördlichen Kalifornien eingesetzt werden soll. Die Partner prüfen seine Lösung für die Pendlermobilität auf dem ersten und letzten Kilometer Olli ist eine umweltfreundliche, realisierbare und nachhaltige Transportmöglichkeit für Städte, Unternehmen, Krankenhäuser, Universitäten und andere Standorte, wo Menschen befördert werden müssen. Der Bus ist mit Technik und Sensoren für kognitive Reaktionen sowie einem Hindernisvermeidungssystem ausgestattet. Local Motors und AAA Northern California werden die Tests ein Jahr lang fortsetzen, bevor das Pilotprojekt für Einsatzmöglichkeiten im Landkreis Contra Costa erwogen wird.

Sichere Mobilitätslösung gegen urbane Transportprobleme
„Jede Stadt muss sich mit den gleichen Transportproblemen auseinandersetzen – Staus, Umweltverschmutzung und Barrierefreiheit. Unser Ziel bei Local Motors ist es, eine einfache, sichere und wirksame Mobilitätslösung anzubieten, die einige der Schmerzpunkte für Stadtbewohner behebt“, sagt Vikrant Aggarwal, Präsident von Local Motors. „Bei allen neuen Fahrzeugtechnologien steht Sicherheit an erster Stelle. Daher freuen wir uns ganz besonders, in Zusammenarbeit mit AAA Northern California rigorose Tests unter realistischen Einsatzbedingungen in der GoMentum Station durchführen zu können, um sicherzustellen, dass unsere Busse für öffentliche Straßen bereit sind.“
Testingenieure bei AAA Northern California werden Olli auf den verschiedenen Teststrecken der GoMentum Station in einer Reihe von Testszenarios auf Herz und Nieren prüfen, darunter Überquerung von Kreuzungen, Interaktionen mit Fußgängern und Tunnelfahrten.
„Autofahren ist unberechenbar. Hindernisse auf der Straße, abgelenkte Fahrer und unberechenbare Fußgänger erfordern vorausschauendes und konzentriertes Fahren“, sagt Ignacio Garcia, Vice President of Autonomous Vehicles Strategy bei AAA Northern California. „Daher sind wir überzeugt, dass es ganz wichtig ist, Sicherheitskriterien zu entwickeln und die Sicherheitsfunktionen von selbstfahrenden Fahrzeugen zu testen. Da der Großteil von Autounfällen durch menschliches Versagen verursacht wird, hat die Selbstfahrtechnik das Potenzial zur Unfallverhütung. Wir sind in einer einzigartigen Position, staatliche Agenturen und Privatunternehmen wie Local Motors bei der Entwicklung und sicheren Prüfung von Selbstfahrtechnik zu unterstützen, bevor diese auf öffentlichen Straßen zum Einsatz kommt.“

Lerneffekte aus der Teststrecke
„Wir freuen uns darauf, aus den Testergebnissen in der GoMentum Station zu lernen und letztendlich den Einwohnern von Contra Costa einen sicheren selbstfahrenden Elektrobus aus einheimischer Herstellung als Transportmittel anbieten zu können, mit dem sie öffentliche Verkehrsmittel, Kliniken und Arbeitsämter in Contra Costa erreichen können“, sagt Randy Iwasaki, Executive Director bei der CCTA.
GoMentum Station ist die größte geschlossene Teststrecke für vernetzte und automatisierte Fahrzeuge in den USA und wird vom AAA Northern California verwaltet und betrieben. Die Anlage liegt in der Nähe von San Francisco und Silicon Valley und umfasst verschiedene Geländearten mit mehr als 32 Kilometern gepflasterten Straßen, nahezu 50 Kreuzungen sowie Überführungen, Tunnels, Bahngleisen und einer Ministadt. GoMentum Station pflegt außerdem eine enge Partnerschaft mit der CCTA, um der öffentlichen Hand neue Mobilitätstechnik verfügbar zu machen, während diese entwickelt wird. GoMentum Station eröffnete vor Kurzem ein Verkehrsvernetzungslabor (Vehicle to Everything, V2X), in dem vernetzte Technologien getestet werden. Das V2X-Labor ist mit fortschrittlichen Ampelanlagen wie Steuerungen, Mikrowellen-Nahbereichskommunikation (Dedicated Short Range Communications, DSRC) und V2X-Mobilfunkgeräten ausgestattet. (TM)

www.aaa.com
www.GoMentumStation.net
www.ccta.net
www.lmindustries.com

INFO-BOX
Effizienz durch Vollautonomie
Autonome elektrische Minibusse sollen künftig Touren zu den Vulkanen des Timanfaya-Nationalparks auf Lanzarote übernehmen. Der Start des Projekts „CITIES Timanfaya“ ist nach laufenden technischen Demonstrationen für 2020 geplant. Eine Besonderheit ist, dass die Spanier bei dem Projekt vollständig auf menschliche Fahrer verzichten – was letztlich auch für die Effizienz gut sein soll.
Der Minibus arbeitet laut der Universität Carlos III zu Madrid (UC3M) mit der höchsten Autonomiestufe 5, es gibt also keinen Fahrersitz und keine Menschen, die das Fahrzeug steuern. „Das hebt uns von bestehenden Projekten wie von Google oder Uber ab“, meint Maschinenbau-Professor José Luis San Román. Diese seien Stufe 4, da immer ein Mensch in Gefahrensituationen die Kontrolle übernehmen kann. „Bei uns wird das nicht möglich sein, da das Fahrzeug zu 100 Prozent autonom ist“, sagt San Román. Es fährt also wirklich immer selbst.
Um das zu ermöglichen, kommen Künstliche Intelligenz und Systeme für Maschinensehen zum Einsatz. Eine der wesentlichen Herausforderungen war dem interdisziplinären Team zufolge, dass der Minibus um einen Berg unterwegs ist, was die Lokalisierung des Fahrzeugs selbst erschwert. Ebenfalls eine Herausforderung für das Sehen und somit die Steuerung sei, dass die gesamte Umgebung ziemlich dunkel ist. „Es gibt einige starke Steigungen, bei denen wir sicher sein müssen, dass das Fahrzeug sie ohne Probleme bewältigen kann“, weiß zudem Pablo Marín vom UC3M-Institut für Fahrzeugsicherheit.
Der elektrische Minibus schützt die Umwelt speziell im Nationalpark, da er im Gegensatz zu bislang üblichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor keine Emissionen vor Ort produziert. Allgemeiner soll er speziell durch Effizienz punkten, da die KI die Bewegung optimiert. „Ein Elektrofahrzeug mit Fahrer wäre nicht so effizient wie unser System, da es sich auf prädiktive Navigation verlässt, die sich zu jeder Zeit an die Verhältnisse anpasst, die wir auf der Strecke vorfinden“, erklärt San Román. Das Team hat den Prototypen des Minibusses anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche zunächst der spanischen Öffentlichkeit präsentiert. Aktuell befindet sich das Projekt in einer Phase technischer Demonstrationen. Geplant ist, im Mai 2020 wirklich in Betrieb zu gehen. Das Team arbeitet auch an der Standardisierung autonomer Fahrzeuge, damit eine zügige Zertifizierung für spanische Straßen möglich wird.