(R)Evolution im 3D-Druck

NEW BUSINESS Innovations - NR. 05, JUNI 2020
Die Hot Lithography von Cubicure ermöglicht die Verarbeitung hochviskoser Hochleistungsphotopolymere. © Cubicure GmbH

UL94-V0-klassifizierte Materialien sind flammhemmend und bilden keine brennenden Tropfen. Diesen Anforderungen wird das neue Photopolymer Evolution FR von Cubicure nun gerecht ...

... Es gilt damit als weltweit erster Kunststoff für stereolithografische Verfahren in der additiven Fertigung.

Der von der B&C Privatstiftung gegründete Houskapreis ist der größte private Forschungsförderungspreis in Österreich. Zehn der insgesamt 97 eingereichten Projekte wurden für den Houskapreis 2019 von einer Fachjury nominiert. Darunter auch die im März 2015 als Spin-off der Technischen Universität Wien gegründete Cubicure GmbH mit ihrer eigens entwickelten und patentieren „Hot Lithography“-Technologie. „Die Hot Lithography ist eine Schlüsseltechnologie der Zukunft in der additiven Fertigung. Damit ist der 3D-Druck reif für die industrielle Produktion. Unser Hot-Lithography-Ansatz, basierend auf dem Stereolithografie-Verfahren, sowie eine darauf abgestimmte Materialentwicklung ermöglichen die Produktion von Kunststoffbauteilen in bisher ungesehener Qualität und stellen der Industrie ein gänzlich neues Werkzeug zur Verfügung“, erklärt Christian Gorsche, Projektleiter und Leiter der Materialentwicklung bei Cubicure.
3D-Drucktechnologien im Kunststoffbereich haben bisher vor allem im Rapid Prototyping Anwendung gefunden. Für den industriellen Einsatz ist es jedoch zwingend notwendig, Bauteile mit exzellenter geometrischer Qualität, kombiniert mit herausragenden thermomechanischen Eigenschaften, bei hohem Durchsatz und hoher Zuverlässigkeit zur Verfügung zu stellen. Mit der Hot Lithography lassen sich erstmals hochviskose, sehr zähflüssige Materialien im Lithografie-basierten 3D-Druck verarbeiten, wodurch vor allem das chemische Prozessfenster stark erweitert wird. Das Ergebnis sind äußerst präzise Kunststoffbauteile mit exzellenter Oberflächenqualität, einer hohen Festigkeit und sehr guter Wärmeformbeständigkeit.
Die Hot Lithography ermöglicht insbesondere in der Luft- und Raumfahrt, im Automobilbereich sowie im Maschinenbau neue Anwendungen und Werkzeuge. Neue Materialien für extreme Prozessumgebungen, wie Cubicure ThermoBlast, machen den Einsatz additiv gefertigter Bauteile auch für die Elektronik­industrie interessant. Aktuelle Forschungsaktivitäten finden unter anderem auch in den Bereichen Nachhaltigkeit und Biokompatibilität von Polymeren statt.

Erstes flammhemmendes Material für SLA
Mit Evolution FR (flame retardant) erweiterte Cubicure sein Produktportfolio um ein flammhemmendes Photopolymer. Das neue Materialsystem ist schwer entflammbar und erreicht als erstes Harz für die Stereolithografie (SLA) eine UL94-V0-Klassifizierung. Bisher waren schwer entflammbare Kunststoffe in der additiven Fertigung nur vereinzelt mittels Material-Extrusion oder Powder-Bed-Fusion-Verfahren verarbeitbar. Derzeit können jedoch nur stereolithografische Drucktechnologien mit dem aus dem Spritzguss bekannten Präzisionsniveau mithalten. Darüber hinaus benötigt es Materiallösungen mit kombinierter Wärmeformbeständigkeit (typischerweise > 70 °C) und ausreichenden mechanischen Eigenschaften des finalen Bauteils (beispielsweise einer Zugfestigkeit > 30 MPa), um entsprechende industrielle Anwendungen mittels 3D-Druck realisieren zu können. Mit der Hot Lithography kombiniert Cubicure Photopolymere, die diese Thermoplast-ähnlichen Materialeigenschaften aufweisen, mit Fertigungstoleranzen von bis zu 10 µm.

Evolution FR eröffnet neue Anwendungs­bereiche im industriellen 3D-Druck
Das flammhemmende und halogenfreie Photopolymer Evolution FR kann mit der von Cubicure entwickelten und patentierten Hot-Lithography-Technologie verarbeitet werden. Die Kombination aus neuartigem Materialsystem und hochpräzisem, stabilem Fertigungsprozess eröffnet nun vor allem in der Mobilitäts- und Elektronikindustrie vielfältige neue Einsatzbereiche für den 3D-Druck. Kunststoffe für Ersatzteile in der Bahnbranche, aber auch für Komponenten elektronischer Systeme, wie etwa Stecker oder Klemmen, durchlaufen verschiedenste Zertifizierungen, um die Sicherheit der Endnutzer zu gewährleisten. Die Flammbeständigkeit, welche nach dem UL94-Protokoll geprüft wird, ist eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen dafür. (BO)

INFO-BOX
UL94 Klassifizierung
Der amerikanische UL94-Standard ist ein Verfahren zum Test der Brennbarkeit von Kunststoffen, bei welchem die Brennzeit sowie auch das Abfallen brennender Teile oder Tropfen bewertet werden. Die V0-Klassifizierung schreibt ein eigenständiges Verlöschen der Flamme einer vertikal eingespannten Probe ­innerhalb von zehn Sekunden sowie ein Nachglimmen von maximal 30 Sekunden vor. Die V0-Klassifizierung mit einer Zünd­quelle mit 50 Watt Leistung gilt hierbei als eine der höchsten Klassifizierungen für flammhemmende Kunststoffe.