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NEW BUSINESS Guides - TRANSPORT- & LOGISTIK GUIDE 2019
Alexander Winter (links), CEO von DB Schenker in Österreich, und CFO Michael Meyer (rechts) bei der Präsentation der Bilanzzahlen 2018 und von Strategien für die Zukunft © RNF

Alexander Winter, CEO der heimischen Dependance von DB Schenker, und CFO Michael Meyer standen NEW BUSINESS Rede und Antwort zu aktuellen und künftigen Entwicklungen bei DB Schenker ...

... Auch zu den Gerüchten über einen Verkauf.

Die Wurzeln des Logistikdienstleisters DB Schenker reichen bis ins Wien des Jahres 1872 zurück. Damals gründeten Gottfried Schenker, Moritz Karpeles und Moritz Hirsch gemeinsam die Spedition Schenker & Co. – mit einem Startkapital von 50.000 Gulden. Fast 150 Jahre später sitzt ein wichtiger Teil der Deutsche-Bahn-Tochter noch immer in Wien.
Die heutige Schenker & CO AG betreut als Cluster-Office für Südosteuropa (SEE) nicht nur den österreichischen Markt, sondern auch zwölf weitere Länder, und weist in ihrer Bilanz für 2018 einen Gesamtumsatz von 1,42 Milliarden Euro aus. 620 Millionen Euro Umsatz aus Österreich sind das größte Stück dieses Kuchens. Besonders der Bereich Kontraktlogistik hat sich positiv entwickelt, mit einem Umsatzwachstum von mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Cluster Südosteuropa wurden damit 2018 insgesamt 152 Millionen Euro umgesetzt. Alles in allem ein sehr ordentliches Ergebnis, wenn auch das Rekordergebnis von 2017 mit 1,48 Milliarden Euro nicht ganz erreicht werden konnte.

Der neue Mann am Ruder
Seit Helmut Schweighofer letztes Jahr zum Vorstandsvorsitzenden von DB Schenker Europe aufgestiegen ist, ist in der Region SEE ein neuer Mann am Ruder. Sein Name ist ­Alexander Winter, im Unternehmen ein „alter Bekannter“. Winter ist schon seit 1999 dabei und bereits seit sechs Jahren Mitglied des Vorstands. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir mit diesem Ergebnis den erfolgreichen Weg der Vergangenheit fortsetzen und das Rekordergebnis von 2017 halten konnten. Basis und Grund für diesen Erfolg sind unsere Mitarbeiter, die mit extrem hohem Einsatz an unserem Erfolg arbeiten, und ­unsere internationalen Kunden, mit denen wir bereits jahrelange Partnerschaften pflegen“, zieht er ein positives Resümee.
Passend zum Unternehmens-Claim „Delivering solutions“ geht es bei der Kontraktlogistik um gesamtheitliche Lösungen. „Ein Beispiel dafür ist die Firma Kärcher, für die wir letztes Jahr in der Slowakei das Lagergeschäft für Europa übernommen haben und für die wir auch die gesamte Verteilung in Österreich und Südosteuropa durchführen. Auch für den Österreichischen Skiverband sind wir Logistikpartner“, so Winter.

Umsatzminus, Volumensplus
Trotz des Umsatzrückgangs von 3,9 Prozent im Cluster (–2,7 % in Österreich) konnte laut dem CFO Michael Meyer das Geschäftsvolumen insgesamt erweitert werden. Neben der Kontraktlogistik tat sich auch der Landverkehr 2018 mit einem Plus von 2,5 Prozent bei der Anzahl der Sendungen hervor. Seefracht und Luftfracht sind stabil geblieben. „Österreich und Südost­europa ist eine der größten Landesgesellschaften von DB Schenker“, so Meyer weiter.
In den DB-Schenker-Landesgesellschaften ­Südosteuropas konnten die positiven Entwicklungen der letzten Jahre erfolgreich fortgesetzt werden. So punkteten vor allem Tschechien mit dem weiteren Ausbau in der Kontraktlogistik (+13 %), Ungarn mit Kontraktlogistik (+23 %) und Seefracht (+23 %), Rumänien im Land­verkehr – speziell im Bereich von Komplett­ladungen (+22 %), Slowenien mit der ­Fortsetzung der Erfolgsstory im Bereich ­Kontraktlogistik (+23 %) und weiteren Geschäftserweiterungen sowie Mazedonien mit einer hervorragenden Entwicklung im Land­verkehr (+16 %) und Kontraktlogistik (+23 %). In der Türkei entwickelte sich die Seefracht (+25 %) sehr positiv, obwohl das vierte Quartal 2018 von der Währungs- und Wirtschaftskrise geprägt war.

Weiter auf Investitionskurs
Das Investitionsvolumen im Jahr 2018 betrug insgesamt rund 40,3 Millionen Euro. In Österreich wurden die Geschäftsstellen in Ried, St. Pölten, Röthis und Linz um insgesamt 16,5 Millionen Euro erweitert. Auch 2019 wird der Investitionskurs fortgesetzt, und es werden die Geschäftsstellen in Linz-Hörsching um rund 6.000 Quadratmeter, in Ried um 1.000 Quadratmeter sowie in Klagenfurt um rund 4.000 Quadratmeter erweitert. „Es ist uns wichtig, die Investitionsstrategie auch 2019 konsequent fortzu­setzen, daher investieren wir in Österreich 12,8 Millionen Euro“, hält Ale­xander Winter fest und ergänzt: „So stehen die Erweiterungen der Standorte Linz, Ried und Klagenfurt bereits in den Startlöchern.“
In Südosteuropa wurde in Bulgarien der Standort in Sofia-Bozhuriste um 2,7 Millionen Euro ausgebaut, und in Bukarest, Rumänien, fand der Umzug in ein neues Terminal mit rund 22.000 Quadratmetern statt. In Székesfehérvár in Ungarn wurde die Geschäftsfläche um 15.000 Quadratmeter vergrößert. Ebenso ­wurden Standorte in Serbien um 5.500 Qua­dratmeter und in Slowenien um 4.100 Quadrat­meter erweitert. Im laufenden Geschäftsjahr 2019 budgetiert DB Schenker in Österreich und Südosteuropa rund 40 Millionen Euro für Investitionen im gesamten Cluster.

Von 3D-Druck bis Elektro-LKW
Die Digitalisierung ist auch in der Logistik­branche im Allgemeinen und bei DB Schenker im Speziellen angekommen. So bietet das Traditionsunternehmen mit dem Online-Portal „eSchenker“ seinen Kunden als weltweit erster Logistikdienstleister einen umfangreichen 3D-Druck-Service an. „Über unsere Plattform können Pläne hochgeladen werden, die wir über ausgesuchte Dienstleister in Auftrag geben“, erklärt SEE-CEO Winter.
Mit der neuen digitalen Buchungsplattform „connect 4.0“ können Kunden selbstständig, einfach und schnell online ihre Sendungen buchen. Aktuell ist dies bereits in Österreich für Seetransporte mit der Plattform „connect4­ocean“ möglich. Die Buchungssysteme für Landverkehr „connect4land“ und Luftfracht „connect4air“ werden in Kürze gelauncht bzw. sind sie gerade in der Aufsetzung.
Eine wesentliche Rolle spielt auch das Thema Elektromobilität. Mit dem Projekt iHub untersucht DB Schenker mit Partnern die Integration von Elektro-LKW in die Fahrzeugflotten von Logistikdienstleistern in europäischen Metro­polen.
Blockchain ist ebenfalls ein Thema für das Unternehmen, erläutert CFO Meyer: „Wir engagieren uns derzeit in einem Projekt mit Ernst & Young und der Wirtschaftsuniversität Wien, wo es um die Abwicklung von Frachtdienstleistungen in Österreich geht, um zu einer papierlosen Abwicklung zu kommen. Das steckt aber noch in den Kinderschuhen.“

Diversität und Bildung – keine Lippenbekenntnisse
Technologie ist das eine, aber der menschliche Faktor ist und bleibt zentral – auch bei DB Schenker. In den 13 Ländern – von Österreich bis in die Türkei – des Clusters sind derzeit 7.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 80 Standorten beschäftigt. Weltweit sind es 77.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 2.000 Standorten. Alexander Winter dazu: „Uns ist die Diversität bei Geschlecht, Alter, Religionen und Kulturen besonders wichtig. Wir haben viele Initiativen dazu gestartet. Ein großes Thema dabei ist Aus- und Weiterbildung. Wir investieren intensiv in unsere Lehrlingsausbildung und sind einer der größten Lehrlingsausbilder Österreichs.“
Der Logistikdienstleister investiert kontinuierlich in vielfältige Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Dazu zählen unter anderem die Lehrlingsinitiative „young.stars academy“, bei der jährlich alle 120 Lehrlinge ihre sozialen und persönlichen Kompetenzen weiterentwickeln, sowie die „DB Schenker Academy“, in deren Rahmen die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, Weiterbildungsseminare in verschiedensten Fachrichtungen in Anspruch zu nehmen. Das Potenzial aus den eigenen Reihen wird anerkannt und gefördert. Das ist kein reines Lippenbekenntnis, wie Winter ausführt: „Mein Kollege Helmut Schweighofer hat als Lehrling bei DB Schenker begonnen und ist zum CEO des Clusters Südosteuropa und letztes Jahr zum CEO von Schenker Europa auf­gestiegen. Ich selbst habe auch eine Speditionslehre absolviert – allerdings nicht bei Schenker – und konnte bis in die Rolle des CEO aufsteigen. Wir versuchen, unsere jungen Mitarbeiter fundiert und nachhaltig auszubilden, auch über die Lehrlingsausbildung hinweg.“ Solche positiven Beispiele können jungen Kollegen als Ansporn dienen und einem Arbeitgeber, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, Attraktivität verleihen. Auch CFO Michael Meyer hat schon früh erste zarte Bande zum Unternehmen geknüpft. Er sieht den Fachkräftemangel als große Herausforderung. „In Österreich setzen wir voll auf unser Ausbildungsprogramm. Zusätzlich, in Bereichen entfernt der Logistik, suchen wir auch die Nähe zu Universitäten und Fachhochschulen. Auch ich bin schon während meines Studiums zu Schenker gekommen und konnte mich im Konzern weiterentwickeln“, erzählt Meyer.

Verkauf?
Die jüngst wieder aufgeflammten Gerüchte über einen möglichen (Teil-)Verkauf der DB-Tochter, um das eine oder andere Finanzloch der Mutter zu stopfen oder politische Begehrlichkeiten in Deutschland zu befriedigen, kommentierte der SEE-Finanzchef nur sehr vorsichtig. Meyer: „Zu diesem Thema kann ich wenig sagen, ich weiß auch nur, was in der Presse steht. Intern wird darüber nicht diskutiert.“ Wenn es jemals dazu käme, dann könne es seiner Ansicht nach nur zu einem Gesamtverkauf von DB Schenker kommen und nicht zu einer Aufsplittung in einzelne Teilbereiche. Auch eine Minderheitsbeteiligung ohne Aufspaltung des Unternehmens sei theo­retisch eine Möglichkeit.
Diese Diskussionen sind jedenfalls nicht neu und geistern schon seit Jahren durch die Medien. Ob und was davon jemals in die Praxis umgesetzt wird, steht natürlich in den Sternen. Und zu denen liefert DB Schenker nicht – oder sagen wir besser: noch nicht. (RNF)