Effizienz dank Intelligenz

NEW BUSINESS Guides - TRANSPORT- & LOGISTIK GUIDE 2018
In der Intralogistik weht frischer Wind. © dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss

Auf dem Weg zur KI-gesteuerten Intralogistik

Anwendungen mit Augmented Reality sowie Apps und IT-Plattformen für ­Cloud-Anwendungen – die Trends in der Intralogistik zeichnen einen klaren Weg: Sie sollen neue Geschäftspotenziale und -modelle erschließen.

In der Intralogistik weht ein merkbar frischer Wind – die Branche ist stärker denn je in Bewegung. Wenig Wunder, die Ansprüche von Indus­trie 4.0, Logistik 4.0, dem Internet der Dinge und der damit verknüpften Digitalisierung fordern Hersteller wie Anwender zunehmend. Ein Bild, welches auch die Branchenmesse LogiMAT unlängst zeichnete. Die aktuellen Entwicklungstrends sollen „die Richtung für zukunftsfähige Investitionen bei der Erschließung von Poten­zialen in der Intralogistik“ weisen, betonte Peter Kazander, Geschäftsführer der EUROEXPO GmbH und Messeleiter der LogiMAT. Unter dem Motto „Intralogistik aus erster Hand: Digital – Vernetzt – Innovativ“ wurden die aktuellen Trends in der Produktentwicklung der jeweiligen An­bietersegmente gezeigt.
So stehen etwa bei den Systementwicklern von Logistiksoftware insbesondere Anwendungen mit Augmented Reality (AR) sowie Apps und IT-Plattformen für Cloud-Anwendungen im Fokus. Cloud-Lösungen, mit denen Funktionen nach individuellen Anforderungen konfiguriert werden können, bieten gerade kleineren und mittelstän­dischen Unternehmen praktikable Einstiegsmöglichkeiten in die Prozessoptimierung, Erfassung und Digitalisierung von Daten – und sie versprechen zudem neue, lukrative Geschäftsmodelle. Parallel dazu werden zunehmend integrierte Konzepte vorgestellt, die nicht nur einzelne Läger steuern und Transporte managen, sondern übergreifend Vernetzung, Transparenz und koordi­nierte Steuerungsmöglichkeiten in die komplette Supply-Chain bringen.

Steuerung der kompletten Supply-Chain
Sie bilden vor- und nachgelagerte Prozesse ab, unterstützen die Auftragsverfolgung, übernehmen das Fuhrpark- und das Transportmanagement oder gängige Abwicklungen der Luft- und Seefracht und integrieren zudem die Partner der Supply-Chain. Perspektivisch richten sich die Softwareunternehmen überdies auf die Programmierung adaptiver, selbstlernender Systeme, den Ausbau von Services und die Einbindung künstlicher Intelligenz (KI) aus.
Bei der Ausrichtung auf neue Entwicklungstrends und Technologien etwa im IoT überschneiden sich Anwendungen von Software und Auto-ID vielfach. Mit vielfältigen „Enabling Technologies für Industrie 4.0“ versucht die Branche daher, reibungslose und sichere Prozesse in Logistik und Produktion zu gewährleisten. Die entsprechenden Angebote reichen von Optical Readable Media (ORM) inklusive Etiketten, Etikettendruck­systemen und Erfassungsgeräten für die codierten Informationen über RF-Identifikations- und Navigationssysteme bis hin zur 3D-Scannung und Realtime-Localisation-Lösungen (RTLS) mit IoT-Chips.
Auf der Basis von Software und Auto-ID-Komponenten werden indes vielfach die innerbetrieblichen Materialflüsse automatisiert. Das Lösungsspektrum reicht dabei von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und -fahrzeugen (FTF) bis hin zu Komplettlösungen für automatisierte Lagersys­teme bei kleineren und mittelständischen Unternehmen. Bei der Anlagen- und Fördertechnik wiederum unterstützen die wachsenden Anforderungen an Prozessqualität und Vernetzung die Automation der intralogistischen Prozesse. Diese fungieren vielfach als Treiber der Entwicklungen, die Modularität sowie die Themen Sequenzierung und Effizienz der Kommissionierprozesse ­fokussieren. Die Entwicklungstrends zeigen sich in kompakten, modularen Geräte- und Anla­genkonzepten der Hersteller, mit denen sich die Komponenten für ein durchgängiges ­Materialflusskonzept nach individuellen Anforderungen kombinieren lassen. Mit Blick auf die Effizienz und den Fachkräftemangel werden dabei zunehmend Roboter eingebunden.

Veränderte Kommissionierungsstrategien
Die Kombination von Robotik und FTS/FTF etwa in Gestalt von mobilen Pickrobotern werde in absehbarer Zeit die Kommissionierstrategie „Mitarbeiter-zur-Ware“ durch automatisierte ­Förderzeuge und Prozesse sowie autonome intelligente Systeme verändern, prophezeien Branchenkenner. Nahezu alle Anlagenbauer, zahlreiche Neueinsteiger und selbstverständlich die Flur­förderzeugehersteller arbeiten aktuell an Entwicklungen in diesem Bereich.
Das Fraunhofer IPA arbeitet derzeit an einer App, welche Mitarbeiter aus der Materialbereitstellung zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Informationen versorgt. In der Material­bereitstellung erfolgt die Kommunikation oft noch in Papierform. Auf Laufzetteln würden die Mitarbeiter ablesen, welche Teile sie zu welcher Maschine bringen müssen. „Oft legen sie zwischen den Aufträgen weite Wege zurück. Nicht selten stellen sie erst im Lager fest, dass das benötigte Material nicht vorrätig ist oder gerade kein Transportwagen frei ist. In Summe kostet das das Unternehmen viel Zeit und Geld“, erklärt IPA-Wissenschaftlerin Silke Hartleif.
Die von den Forschern entwickelte App Info@Need versorgt diese Mitarbeiter bedarfsgerecht mit Informationen. Dafür haben die IPA-Forscher verschiedene Attribute definiert, die darüber entscheiden, welche Daten dafür wichtig sind. „Dazu zählen der Standort, die Zeit und die Qualität der Information“, weiß Hartleif. Bei dem Attribut „Zeit“ kennzeichnet der Mitarbeiter einen Auftrag als erledigt. Das System weiß somit, dass er wieder zur Verfügung steht und einen neuen Auftrag annehmen kann. Das Attribut „Standort“ wird mithilfe von iBeacons-Sendemodulen berechnet, die flächendeckend in der Produktion angebracht sind. Sind beide Werte ermittelt, gleicht Info@Need Ort und Zeit ab und spielt dem Mitarbeiter über eine App einen Folgeauftrag in nächster Nähe zu. Er muss keine neue Laufkarte ziehen, die Informationen nicht filtern und keine unnötigen Wege zurücklegen.

Informationen in der richtigen Form
Das Attribut „Qualität“ wiederum sorgt dafür, dass die Informationen in der richtigen Form angezeigt werden. Beispielsweise gibt die App alle relevanten Daten wie Materialmenge, Lieferadresse oder Gebindeform übersichtlich und gebündelt aus. Der Service prüft auch, ob die notwendigen Betriebsmittel wie Gabelstapler oder Transport­wagen in der Nähe und verfügbar sind.
Die rasanten Technologiesprünge sowie die Zukunftsprojekte Industrie 4.0, Logistik 4.0 und Internet der Dinge stellen Anwender und System­entwickler von Logistiksoftware aber vor immer neue Herausforderungen. Diese zielen hardwareseitig auf die Einbindung künftiger, kaum absehbarer Technologieentwicklungen etwa in den Bereichen Sensorik, Bilderfassung, Robotik und Augmented Reality (AR). Parallel dazu unterstreichen die Zukunftsprojekte im Rahmen der Digitalisierung die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung und Abbildung der Supply-Chain – mit entsprechendem Informationsaustausch. Zudem verändern Cloud-Anwendungen und Apps das Nutzerverhalten und die Geschäftsmodelle. „Eine intelligente IT-Infrastruktur bildet neben den Auto-ID-Technologien zur Codierung und Erfassung von Daten die Basis für den vernetzten Informationsaustausch in Intralogistik und Supply-Chain“, unterstreicht Kazander abschließend. (TM)
www.logimat-messe.de
www.ipa.fraunhofer.de