Exportrekord bei Bier und Wein

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 1/2019
Auf so einem schönen Weinberg wie hier in Kärnten kann man sich nicht nur als Reblaus wohlfühlen. © ÖWM/Weinbauverband Kärnten

Bier und Wein haben in Österreich eine lange Tradition. Dank der Kunstfertigkeit heimischer Winzer und Brauer genießen diese rot-weiß-roten Kulturgüter ­international einen hervorragenden Ruf ...

... der sich in nicht minder ­beglückenden Absatzzahlen niederschlägt.

So viel vorweg: Keine Frage, Alkohol ist ein Rauschmittel mit Suchtpotenzial. Ebenso unbestritten sind Bier und Wein fest in der österreichischen Kultur verwurzelt. Ob nun ein Achterl in Ehren tatsächlich niemand verwehren kann, ist nicht bewiesen – ähnlich wie die angeblich gesundheitsfördernde Wirkung des ­einen oder anderen Alkoholprodukts. Aber es ist die Dosis, die das Gift macht, und gegen den maßvollen Genuss des einen oder anderen Glases haben die meisten Österreicher nichts einzuwenden. Doch was bedeutet das in nüchternen Zahlen ausgedrückt?

Es wird a Wein sein …
„I muass im frühern Leben eine Reblaus g’wesen sein“, sang schon Hans Moser den Österreichern aus der Seele. Aber auch jenseits der Grenzen können sich viele mit diesen Zeilen identifizieren. So viele, dass 2018 neuerlich ein Rekord beim Export von österreichischem Wein aufgestellt wurde. Laut der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) bescherte der hervorragende Jahrgang 2017 Österreichs Weinexporten im Jahr 2018 neue Höhenflüge. 52,6 Millionen Liter Wein im Wert von 170,3 Millionen Euro wurden in Auslandsmärkten abgesetzt – ein historischer Umsatzhöchstwert. Das ­bedeutet ein Mengenplus von 10,5 Prozent sowie einen Umsatzzuwachs von 6,9 Prozent zum Vorjahr. Der Durchschnittspreis liegt somit bei 3,24 Euro, was allerdings einem ­leichten Minus zum Vorjahr (3,35 Euro) entspricht.
Dies sei aufgrund der breiteren Marktdurchdringung in allen Preissegmenten durch die größere Erntemenge 2017 jedoch zu erwarten gewesen, so die ÖWM. Exporttreiber war trotz des im letzten Quartal einsetzenden Fasswein­geschäfts aufgrund der großen Ernte 2018 einmal mehr der kontinuierlich wachsende Absatz der ­Flaschenweine.

Zuwächse in EU und Drittstaaten
Merklichen Anteil an den hervorragenden Exportzahlen haben Drittmärkte außerhalb der EU, deren Anteil am Gesamtexportwert 2018 bereits fast 30 Prozent beträgt. So zeigen etwa die Vereinigten Staaten (+19,7 Prozent Menge, +21,2 Prozent Wert) und Kanada (+66 Prozent Menge, +62,6 Prozent Wert) mit markanten Zuwachsraten, dass sich die jahrelange Bearbeitung des nordamerikanischen Markts durch die ÖWM und viele engagierte Betriebe bezahlt macht. Auch die EU-Staaten weisen im Durchschnitt erfreuliche Steigerungen bei Menge und Wert auf. Österreichs größter Exportmarkt bleibt Deutschland, jedoch ist der Umsatzanteil aufgrund des starken Wachstums in den anderen Märkten erstmals auf unter 50 Prozent gesunken. Im Jahr 2000 waren es noch über 70 Prozent.

Steigerungen auch am Inlandsmarkt
Nicht nur im Ausland wird österreichischer Wein immer gefragter, auch der Inlandsmarkt zeigt weiterhin eine sehr positive Entwicklung. Im Lebensmitteleinzelhandel bewegt sich österreichischer Wein die letzten Jahre auf einem Rekordhoch: Der Absatz stieg 2018 auf 58,3 Prozent Marktanteil (+6,9 Prozent; ausländischer Wein: –10,5 Prozent), der Umsatz stieg auf 70,5 Prozent (+5,0 Prozent). Auch beim Heimkonsum legte österreichischer Wein wieder zu: 67,5 Prozent Marktanteil bei der Menge (+3,9 Prozent) und 74,2 Prozent beim Wert (+5,2 Prozent). In der Gastronomie verzeichnete Wein aus Österreich 2018 mit 90,3 Prozent Absatz- sowie 88,3 Prozent Umsatz-Markt­anteil wieder ein großartiges Ergebnis und ist damit trotz leichter Einbußen in der Menge weiterhin unangefoch­tener Marktdominator.
„Österreichs Wein ist allen Unkenrufen zum Trotz weiter auf dem richtigen Weg. Seit 15 Jahren legen die Exporte jährlich im Durchschnitt um 6,5 Prozent zu, während im Inland kaum noch ein höherer Marktanteil denkbar ist. Wenn wir die erfolgreiche Qualitätsstrategie beibehalten, wird in fünf Jahren jeder Liter Wein aus Österreich profitabel vermarktet werden können“, konstatiert ÖWM-Chef Willi Klinger mehr als zufrieden.
Apropos: Wilhelm „Willi“ Klinger bleibt dem ÖWM auf eigenen Wunsch nur noch bis Ende des Jahres erhalten. Ab 1. Jänner 2020 übernimmt die Geschäftsführung der Österreich Wein Marketing GmbH Chris Yorke, seit 2004 Global Marketing Director bei New Zealand Winegrowers. Der Nachfolger ist also durchaus vom Fach, wenn auch vom „anderen Ende der Welt“.

Bier nach Wein, das lass sein?
Eigentlich ist der Volksmund ja überzeugt, dass ihm Wein nur nach Bier über die Lippen kommen darf und nicht vorher. Ausnahmsweise haben wir uns hier nicht an diese Regel gehalten. Denn nach dem Wein – wie könnte es anders sein – knöpfen wir uns nun den goldgelben Gerstensaft vor. Denn nicht nur echte Wiener konstatieren gern: „Mei Bier is ned deppat!“ Das war auch schon vor dem Craft-Beer-Hype, der Ernennung von Biersommeliers und der Erhebung von Experten in den Stand eines Bier­papstes so.
Als Beleg wiederum Zahlen, wieder von der mehr oder weniger nüchternen Art: Mit rund 9,8 Millionen Hektoliter (inklusive alkoholfreien Biers) stieg 2018 auch hier der Gesamtausstoß, in diesem Fall um 1,5 Prozent. Die Exporte legten laut dem Brauereiverband um 11,2 Prozent bzw. 127.218 Hektoliter zu, im Inland wurde mit rund 8,6 Mil­lionen Hektoliter ein leichtes Plus von 0,2 Prozent bzw. 19.960 Hektoliter gebraut. Im Bierland Österreich brauen vom Neusiedler bis zum Bodensee aktuell 298 (2017: 272) österreichische Brauereien – eine der höchsten Brauereidichten weltweit – weit mehr als 1.000 verschiedene Biere. Den positiven Trend unterstreicht eine aktuelle Umfrage: Die Zustimmung zum Bierland Österreich steigt an – und sowohl auswärts als auch daheim greifen die Menschen beim Essen dem Verband zufolge lieber zu Bier als zu Wein.
Wer es noch genauer wissen will: Wie bereits im Vorjahr wurde auch 2018 Lager-/Märzenbier im Inland am häufigsten getrunken: Rund 5,5 Millionen Hektoliter bedeuten eine leichte Zunahme von zwei Prozent (+85.360 hl) bzw. mit rund 65 Prozent Marktanteil Platz eins unter den Biersorten. Ebenso verzeichneten Bockbier (+5.230 hl bzw. +24 Prozent), Spezialbier (+35.580 hl bzw. +10 Prozent), Leichtbier (+372 hl bzw. +8 Prozent) und Kreativbier (+181 hl bzw. +7 Prozent) im vergangenen Jahr Zuwächse. Weniger geschmeckt haben offenbar unter anderem alkoholfreies Weizenbier (–4.073 hl bzw. –16 Prozent) sowie Radler mit Alkohol (–31.868 hl bzw. 7 Prozent). Nach wie vor ist die 0,5-Liter-Glasflasche die erste Wahl in Sachen Gebinde. 2018 erreichte sie einen Marktanteil von rund 44 Prozent (3,8 Mio. hl). Im Vergleich dazu bilanzierte die 0,33-Liter-Flasche mit rund zehn Prozent Marktanteil (rund 853.000 hl). Gesamt betrug der Mehrweg-Anteil bei Bier im letzten Jahr rund 64 Prozent, im Inland sind es sogar rund 68 Prozent.
„Konsolidierung auf hohem Niveau“, kommentiert Braue­reiverbands-Obmann Sigi Menz die Ergebnisse. „Österreichs Brauereien erweisen sich damit einmal mehr als stabiler, nachhaltiger Wirtschafts- und Wertschöpfungsfaktor. Wir wachsen langsam, aber kontinuierlich.“

Bierland Österreich boomt
„Das Bierland Österreich wächst zunehmend – nicht nur in Hinblick auf die Brauereianzahl und den Gesamtausstoß, sondern auch bezüglich der Anerkennung und Beliebtheit“, erläutert Brauereiverbands-Geschäftsführerin Jutta Kaufmann-Kerschbaum eine aktuelle Umfrage.
„Mehr als die Hälfte bzw. 52 Prozent beantworten die Frage, ob Österreich ein Bierland sei, uneingeschränkt mit Ja. Das ist eine schöne Bestätigung für die ausgezeichnete Arbeit unserer Brauerinnen und Brauer, die tagtäglich mit qualitativ höchstwertigen Rohstoffen aus der heimischen Landwirtschaft jeden bierigen Wunsch von Konsumentinnen und Konsumenten erfüllen.“ Zum Vergleich: 2016 lag dieser Wert noch bei 32 Prozent. Das bierige Hoch lässt sich auch im direkten Vergleich mit dem anderen österreichischen Nationalgetränk ablesen, von dem bereits die Rede war: dem Wein. Sowohl zu Hause (mit 35 Prozent zu 25 Prozent) als auch im Restaurant (mit 60 Prozent zu 44 Prozent) führt Bier laut dem Brauereiverband die Beliebtheitsskala bei alkoholischen Getränken vor Wein an.
„Seit März 2015 kommunizieren wir unter der Dachmarke ‚Bierland Österreich‘ in immer stärkerem Ausmaß Qualität, Vielfalt sowie Genusskultur rund ums heimische Bier. Das ist uns wichtig. Und seit vier Jahren steigen auch das Wissen und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit rund um den gepflegten Biergenuss kontinuierlich – eine schöne Bestätigung von Konsumentenseite, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, betont Menz.

Frauenanteil steigt
Bier gehört in der Gastronomie dazu. Knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent) sind mit dem heimischen Bierangebot zufrieden, für 71 Prozent ist eine spezielle Bierkarte ein absolutes Must-have eines guten Gastronomie­betriebs. Zudem steigt auch die Bekanntheit des Biersommeliers: Fast 60 Prozent der befragten Personen kennen mittlerweile den Begriff (2016: 41 Prozent). „Die Gastronomie ist ein unverzichtbarer Partner für das Bierland Österreich und ein wichtiger Träger der heimischen Biergenusskultur“, so Kaufmann-Kerschbaum. „Und in Sachen Biersommelier sind wir sowieso Weltspitze“, ergänzt Menz. „Schließlich haben wir mit mehr als 1.400 Biersommeliers, circa 400 Diplom-Biersommeliers und knapp 1.000 Bier-Jungsommeliers das größte Bierwissen weltweit. Besonders erfreulich ist dabei der hohe Frauenanteil mit insgesamt 41 Prozent; bei den Bier-Jungsommeliers sind es sogar 80 Prozent! Bier ist also schon längst keine Männerdomäne mehr.“ Das zeigt sich nicht nur bei der Ausbildung zum Biersommelier: In Sachen Probierfreudigkeit neuer Biersorten haben junge Damen (unter 50) die Männer bereits überholt. Während bei den Männern genau 50 Prozent angeben, gern neue Biersorten zu probieren, sind es bei den Frauen (unter 50) 53 Prozent. Probieren geht eben über Studieren. Trotzdem: Beides genießt man am besten in Maßen. Aber wenden Sie hier bitte nicht das Oktoberfest-Vokabular an! (RNF)

INFO-BOX

• Verband der Brauereien Österreichs
Der Verband der Brauereien Österreichs ist die Interessenvertretung der österreichischen Brauwirtschaft im Rahmen des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie der Wirtschaftskammer Österreich. Im Verband wirken gewählte Funktionäre und Mitarbeiter der Wirtschaftskammer im Dienste der Brauwirtschaft zusammen. Gemeinsames Ziel ist ein wirtschaftliches, rechtliches und sozialpolitisches Umfeld, in dem die Brauereien bestmög­liche Rahmenbedingungen für ihr unternehme­risches Handeln vorfinden.
www.bierland-oesterreich.at

• Österreich Wein Marketing GmbH
Die Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) ist eine Servicegesellschaft für die österreichische Weinwirtschaft mit Sitz in Wien. Sie wurde 1986 gegründet und unterstützt und koordiniert die strategischen Bemühungen der österreichischen Weinwirtschaft um Qualität und Verkauf. Im Inland ist es das Ziel, die Marktsegmente für Qualitätswein dominierend zu besetzen. Der Export von Flaschenweinen soll weiter gesteigert werden, wobei die Wertschöpfung im Vordergrund steht.
www.oesterreichwein.at