Hygiene Austria weist die erhobenen Vorwürfe zurück © APA - Austria Presse Agentur

Nach der Razzia beim Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria wegen mutmaßlich umetikettierter Masken aus dem Ausland werden nun Vorwürfe von "Schwarzarbeit" und "Betrug" laut. Zwar wies Hygiene Austria dies am Mittwochabend zurück, man räumte aber ein, dass man wegen der enormen Nachfrage einen chinesischen Lohnfabrikanten beauftragt habe. Laut "Kurier" soll die Rechnung für eine Lieferung von 20 Millionen chinesische Masken an eine Stiftung in Liechtenstein gegangen sein.

Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht es um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Diese Vorwürfe seien "klar zurückzuweisen", erklärte Hygiene Austria - ein Joint Venture des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing mit dem Textilkonzern Palmers. Für eine rechtmäßige und ordnungsgemäße Anmeldung zu sorgen, liege in der Verantwortung der beauftragten heimischen Personaldienstleister. Man arbeite auf Basis der heimischen Gesetze und verkaufe nur hochwertige Masken nach rot-weiß-rotem Qualitätsstandard.

Allerdings sei zum Ausgleich einer Nachfragespitze ein Lohnhersteller hinzugezogen worden, hieß es. Um den zwischenzeitlichen Nachfrageanstieg zu bewältigen, sei ein chinesischer Lohnfabrikant mit der Produktion von Masken nach dem Baumuster der Hygiene Austria beauftragt worden. Die CE Zertifizierung nach EN149:2001 sei durch die Schweizer Firma SGS einwandfrei sichergestellt. Die Gutachten für die Masken lägen vor und würden der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Die Masken in der Lohnproduktion seien im Einkauf um 60 bis 100 Prozent teurer gewesen als in der heimischen Produktionslinie.

Mittlerweile hat auch die Bundesbeschaffungsagentur (BBG) auf die Hausdurchsuchungen bei Hygiene Austria reagiert und das Unternehmen als Auftragnehmer "inaktiv" gestellt. Das bedeutet, dass bis auf Weiteres keine Bestellungen bzw. Abrufe von Schutzmasken bei der Hygiene Austria über die BBG möglich sind. Wie viele Masken die BBG bei dem Unternehmen in Auftrag gegeben hat und für welche Behörden oder staatsnahe Betriebe sie bestimmt waren, wollte die BBG nicht verraten.

Die Abnehmer der Masken - vor allem der Einzelhandel - gehen inzwischen der Frage nach, ob auch sie betroffen sein könnten. "Wir haben die Berichte mit Sorge zur Kenntnis genommen, weil wir viele dieser Masken bewusst eingekauft haben", erklärte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann auf Anfrage der APA. Man habe dazu bereits Gespräche "auf hoher Ebene" geführt. Die von Spar an seine Kunden abgegebenen Masken seien sicher, betonte die Sprecherin. "Wir haben die 100-prozentige Rückverfolgbarkeit, dass die von uns gekauften Masken auf jeden Fall in Österreich am Standort in Wiener Neudorf hergestellt worden sind." Auch die Rohware stamme aus Österreich, "und es liegen uns auch für unsere Masken Prüfgutachten vor, dass es sich wirklich um FFP2-Masken-Qualität handelt". Daher werde man die Masken wie bisher an Mitarbeiter und Kunden abgeben.

Auch der Rewe-Konzern (Billa, Merkur, Bipa, Penny) hat mehrere Millionen Masken von Hygiene Austria bezogen. "Wir prüfen das derzeit intern und sind in Kontakt mit Hygiene Austria", sagte Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. Momentan seien die Masken weiter im Verkauf, man prüfe die Qualität aber intern via Qualitätsmanagement. Rewe hat Masken auch vom steirischen Produzenten Aventrium, aber auch aus China bezogen.

Der Diskonter Hofer hat ebenfalls Masken von Hygiene Austria bezogen. "Diese mit österreichischer Herkunft deklarierten FFP2-Masken werden seit 26.01.2021 in unseren Filialen verkauft. Da es sich bei der gegenständlichen Untersuchung um einen Verdachtsfall handelt, werden wir die weiteren Entwicklungen beobachten", erklärte eine Sprecherin auf Anfrage der APA. Der Mitbewerber Lidl Österreich hat nach eigenen Angaben keine Masken von Hygiene Austria bezogen.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben von der Hygiene Austria 576.000 FFP2-Masken mit CE-Zertifikat über die BBG aus einem Rahmenvertrag abgerufen, wie ein ÖBB-Sprecher am Mittwoch zur APA sagte. Nun wolle man die Ermittlungen der WKStA abwarten.

Der "Kurier" berichtet unterdessen, dass in der Causa eine Spur nach Liechtenstein führt. Wie das Blatt unter Berufung auf einen "Vermittler für Schutzmasken" berichtete, soll die Rechnung für eine Lieferung von 20 Millionen chinesische Masken an eine Stiftung in Liechtenstein gegangen sein. Die Masken selbst seien an Palmers nach Wiener Neudorf geliefert worden. Es sei ein "merkwürdiges Geschäft" gewesen. Schlussendlich habe die Ware in die Ukraine gehen sollen, aber nicht direkt dorthin geliefert werden - das alles sei mehr als unüblich gewesen, berichtete der Vermittler der Tageszeitung.

Er selbst sollte am Mittwochnachmittag von der Kriminalabteilung Niederösterreich befragt worden sein. Die Masken, die er geliefert hatte, sollen zudem eine Besonderheit aufgewiesen haben: Der chinesische Beipackzettel sei nicht gemeinsam mit den Masken verschweißt gewesen, sondern sei lose im Karton gelegen, so der Mann.